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Wortbildungsarten  

© Justo Fernández López

Spanische Grammatik für deutsche Muttersprachler

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die wichtigsten Wortbildungsarten

„Die Wortbildung ist sozusagen die Grammatik des Lexikons. Man versteht darunter das Regelsystem, mit dem der Sprecher aus vorhandenen Sprachzeichen neue lexikalische Einheiten bilden kann.

Die Wortbildungskapazität ist unbegrenzt. Nur wenige der individuellen Wortschöpfungen werden aber von der Sprachgemeinschaft übernommen, die meisten bleiben Gelegenheitsbildungen, deren kommunikative Reichweite über das Hier und Jetzt einer Sprechsituation nicht hinausreicht.“ [Berschin / Fernández-Sevilla / Felixberger 1987, 296]

Die grammatischen Wortbildungsverfahren sind Zusammensetzung, Suffigierung und Präfigierung. Die Zusammensetzung ist die Verbindung von mindestens zwei unmittelbaren Konstituenten zu einer neuen lexikalischen Einheit.

Der Prozess der Zusammensetzung heißt Komposition (sp. composición) und sein Ergebnis Kompositum (sp. compuesto).

Bsp.

Apfel + Baum

Apfelbaum

boca  + manga

bocamanga

Das Deutsche und das Spanische kennen zwei Wortbildungsverfahren, Komposition und Derivation. Bei der Komposition werden mehrere Wörter zu einer Einheit verbunden. Beim Haupttyp der Derivation ein Grundwort durch Wortbildungsmorpheme modifiziert.

Komposition

oder

Zusammensetzung

Bsp.:

Tat-ort

Derivation

oder

Ableitung durch Suffigierung

Bsp.:

tät-lich

Präfigierung

oder

Präfixbildung

Bsp.:

Un -tat

Die Wortbildung durch Suffigierung, auch explizite Ableitung genannt, ist die Verbindung von einer Basis und einem Suffix zu einer neuen lexikalischen Einheit. Der Ableitungsprozess heißt Derivation und sein Ergebnis Derivat.

„Die Wortbildung durch Präfigierung ist die Verbindung von einem Präfix und einer Basis zu einer neuen lexikalischen Einheit. Im Unterschied zu den Suffixen werden Präfixe der Basis vorangestellt. Darüber hinaus übernehmen sie fast ausschließlich eine wortbildende Funktion, die vorwiegend mit einer semantischen – gelegentlich auch syntaktischen – Modifikation der Basis verbunden ist.

Andererseits erscheint als notwendig zwischen Präfixbildung und Komposition zu unterscheiden, denn die spanische traditionelle Grammatik betrachtet in der Regel die erstere als eine Modalität der Zusammensetzung. Dazu führt die Tatsache, dass ein großer Teil der Präfixe auch als freie Morpheme vorkommen kann.“ [Cartagena /Gauger 1989, Bd. 2, S. 80]

Man darf generell festhalten, dass das Präfix Bedeutungsvarianten aufweist bzw. aufweisen kann, die in einer freien Morphemkonstruktion nicht festzustellen sind.

Bsp.:

Er fährt durch die Stadt.  

[Lokale Bedeutung, d. h. ‘durch die Stadt hindurch’]

 

Er durchfährt die Stadt.

[Handlung wird ohne Unterbrechung durchgeführt]

„Eine ähnlich gelagerte Unterscheidung findet man im Spanischen, z. B. beim Präfix  entre-, das außer der lokalen Bedeutung, die es von der homophonen Präposition mitbringt, eine zusätzliche notionelle Charakterisierung der Verbalhandlung als gebundenes Morphem aufweist: entrever  (‘ver algo’), entrecortar  (‘no cortar del todo’).

Darum scheint es angebracht, eine Trennung nicht nur zwischen Suffigierung und Präfigierung und zwischen Suffigierung und Komposition, sondern auch zwischen Komposition und Präfigierung vorzunehmen und letztere als eine selbständige Hauptart der Wortbildung zu betrachten.“ [Cartagena /Gauger 1989, Bd. 2, S. 80-81]

Wortbildung

Die sprachliche Bewältigung der sich ständig verändernden Umwelt des Menschen fordert einen ununterbrochenen Ausbau des Wortschatzes. Neue Dinge und Bezeichnungen des täglichen Lebens müssen bezeichnet werden, neue Gedanken ihre sprachliche Fassung erhalten; neue Termini werden mit dem Fortschreiten der Wissenschaften nötig.

Auf diese Bezeichnungsnotwendigkeiten können die Sprecher einer Sprachgemeinschaft in unterschiedlicher Weise reagieren, und zwar

-

durch Bedeutungsveränderung von in der betreffenden Sprache existierenden Wörtern.

-

durch Entlehnung der Bezeichnung („Fremd- bzw. Lehnwort“) gleichzeitig mit der Übernahme der ‚Sache’ selbst aus einer bestimmten Kulturgemeinschaft.

-

durch Bildung neuer Wörter auf der Grundlage des in der betreffenden Sprache bereits vorhandenen lexikalischen Materials und der dort funktionierenden Wortbildungsverfahren.

Mit dieser zuletzt genannten Möglichkeit der Wortschatzbereicherung befinden wir uns im Bereich der Wortbildung (span. formación de palabras).

Die Verfahren der Wortbildung:

Als wichtigste materielle Verfahren der Wortbildung in den romanischen Sprachen sind die Derivation (Wortableitung) und die Komposition (Wortzusammensetzung) anzuführen.

Derivation:

Die Derivation ist dadurch bestimmt, dass sich ein (freies) Basislexem mit einem oder mehreren Affixen zu einer neuen Einheit des Wortschatzes verbindet.

Affixe sind gebundene Wortbildungselemente, die sich je nach ihrer Position in Bezug auf das Basislexem untergliedern in:

 

Affix (Oberbegriff)

Präfix: vor dem Basislexem, z.B. im/posible

Infix oder Interfix: im Basislexem, z.B. azuqu|ít|ar

Suffix: nach dem Besislexem, z.B. pur|eza

Präfixe und Infixe verändern die Wortart (pars orationis) des Basislexems nicht, bei den Suffixen jedoch gibt es solche, die die Wortart verändern, z.B. loco locura, und andere, die die Wortart des Basiswortes nicht verändern, z.B. naranjonaranjal.

1.  Derivation

Suffixbildung

Präfixbildung

Aus dem sehr umfangreichen Inventar der spanischen Präfixe können wir hier nur eine Auswahl anführen:

o Präfixe mit räumlich-zeitlicher Bedeutung:

antecámara, anteponer, anteguera

intercontinental, intervocálico

postguerra, postdiluviano

posromanticismo

o Präfixe mit quantitativer bzw. intensivierender Bedeutung:

polivalente, polisémico

multicolor, multimillonario

plurivalencia, pluriempleo

semiautomático, semioficial

supermercado, superabundancia

hipercrítico, hipersensible

o Antonymische Präfixe:

injusto, imposible, ilegal, irreal

descolonizar, decodificar

ahistórico, atípico, anepigráfico

o Ausdruck einer Opposition:

proamericano / antiamericano

o Präfixe mit qualitativer Bedeutung:

macroeconomía

microsistema

telecomando

Parasynthetica

Parasynthetica sind Ableitungen, die gleichzeitig mittels eines Präfixes und eines Suffixes gebildet werden

Strukturformel: Parasynthetische Bildung = Präfix + Basislexem + Suffix.

cuaderno encuadernar

largo alargar

sucio ensuciar

naranja anaranjado

2. Komposition

Was die Produktivität und Typenvielfalt der Komposition im Spanischen im Hinblick auf die Wortart der erzeugten Komposita betrifft, so stellt man fest, dass die Substantivkomposita bei weitem überwiegen, dass die Adjektivkomposition nur sehr begrenzt existiert (sordomudo, germano-soviético) und dass Verbkomposita im heutigen Spanisch nicht gebildet werden.

Zwei im Spanischen sehr produktiven Typen von Substantivkomposita:

1)  Typ: Substantiv + Substantiv

     Das erste Substantiv im Kompositum stellt das bestimmte Element (Determinatum), das zweite Substantiv das bestimmende Element (Determinans) dar: ciudad dormitorio, autoescuela, autopista, café-teatro, buque hospital, hombre-masa, salario base, hombre clave, encuentro cumbre, pueblo-piloto, esposa modelo.

2)  Typ: „verbales“ Element + Substantiv

     Dieser in den romanischen Sprachen sehr verbreitete und produktive Kompositionstyp (span. abrelatas, ital. apriscatole, frz. ouvre-boîtes) ist in der Forschung viel diskutiert worden und wird weiter diskutiert.

     Die im Spanischen sehr zahlreich existierenden Komposita dieses Typs dienen zur Bezeichnung von Personen (guardabarrera, guardabosque, limpiabotas, rompehuelgas), Tiere (chupaflor, saltamontes, revuelvepiedras), Pflanzen (guardalobo, rompesacos), insbesondere jedoch von Geräten und Werkzeugen einfacher Art (sacacorchos, abrelatas, cortapapeles, mondadientes/limpiadientes, cuentapasos), mitunter aber auch von Artefakten anspruchsvoller Art (cambiadiscos, lanzamisiles, rompehielos, portaaviones). Das zweite Kompositionsglied fungiert meist als direktes Objekt zum verbalen Inhalt des ersten Kompositionselementes (sacamuelas: „Hombre que sacaba muelas y dientes“).

     Zum Verweisen ist hier auch noch auf die Wortbildung auf gelehrter, d.h. griechisch-lateinischer Basis (hidrografía, hispanófilo, herbívoro, insecticida, petrolífero).“ [Dietrich, H. / Geckeler, H.: Einführung in die spanische Sprachwissenschaft: Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1990, S. 88-98]

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