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ABTÖNUNGSPARTIKELN

Partículas atenuantes

(comp.) Justo Fernández López

Diccionario de lingüística español y alemán

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Vgl.:

Partikeln / Modalpartikel / Gradpartikeln / Rangierpartikeln / Kopulapartikeln / Existimatorische Angaben

 

„Wortklasse: Wort, das weder vorfeldfähig noch erfragbar noch negierbar noch häufbar ist; gewöhnlich als existimatorische Angabe verwendet, modifiziert die Illokution.“ [Engel, U.: Deutsche Grammatik, S. 861]

„Unter Abtönungspartikeln (Terminus von Weydt 1969) versteht man Partikeln wie ja, denn, doch, wohl, wenn sie in bestimmten Kontexten vorkommen, z. B.: Das ist ja unerhört! Wie heißt du denn? Mach doch kein so böses Gesicht! Warum hat er das wohl getan? Sie werden gelegentlich auch Modalpartikeln genannt; gegen diesen Terminus kann man einwenden, dass „mit der ‘Modalität’ die Funktion der Abtönungspartikeln nur sehr vage beschrieben ist und außerdem eine Vermengung mit den ‘Modalwörtern’ vermieden werden soll“ (Helbig 1988: 31). Die Abtönungspartikeln sind stets - und das unterscheidet diese Klasse von anderen Wortarten - Sonderverwendungen von Wörtern, die primär andere Funktionen haben. So ist z. B. aber primär eine koordinierende adversative Konjunktion in: Er ist groß, aber schwach. Als Abtönungspartikel funktioniert aber in dem Ausruf: Du hast aber heute wieder rumgetrödelt! Da beide aber ganz offensichtlich miteinander zusammenhängen und deshalb auch in der Darstellung, z. B. in einem Wörterbuch, nicht isoliert voneinander stehen sollten, kann man von aber als einer abtönungsfähigen Konjunktion sprechen.

In der folgenden Liste sind die wichtigsten abtönungsfähigen Wörter zusammen mit je einem Beispiel für nicht abtönenden Gebrauch und für ihren Gebrauch als Abtönungspartikel:

aber

Er ist groß aber nicht schwer.

Seid ihr aber groß geworden!

auch

Hans hat die Prüfung bestanden und Fritz auch.

Haben Sie auch nichts vergessen?

bloß/nur

Ich habe ihm bloß/nur meine Meinung gesagt.

Wo habe ich bloß meine Brille?

denn

Er kennt den Mörder, denn er hat die Tat gesehen.

Wie heißt du denn?

doch

Alles war still, doch dann ging das Gewitter los.

Das musst du doch zugeben!

eben

Ich bin eben erst gekommen.

Das geht eben nicht anders.

eigentlich

Der eigentliche Grund ist ...

Wie heißt du eigentlich?

einfach

Die Aufgabe ist einfach.

Ich hatte einfach keine Lust mehr.

etwa

Etwa 80 Demonstranten.

Du hast doch nicht etwas das ...?

erst

Sie kommt erst morgen wieder.

Mein Bruder ist stark. - Und meiner erst!

halt

Imperativ des Verbs „halten“

Einkaufen kostet halt viel Zeit.

ja

„Ja“ als Antwort auf Entscheidungsfragen.

Hau ja ab!

mal

Es war (ein)mal ein kleines Mädchen.

Komm mal her!

nur

Er kann Englisch nur lesen, nicht sprechen.

Was soll ich nur tun?

ruhig

Die See war ruhig.

Komm ruhig rüber.

schon

Es ist schon fünf Uhr.

Du wirst schon sehen, wohin das führt.

vielleicht

Vielleicht kommt sie morgen.

Das war vielleicht schön.

wohl

Sich wohl fühlen.

Wer hat das wohl geschrieben?

 

Abtönungspartikeln haben eine Menge von semantischen, syntaktischen und pragmatischen Eigenschaften. Dennoch ist in der Linguistik keine Einigkeit über die Abgrenzung der Wortart erreicht worden. Das hängt damit zusammen, dass man in dem Maße, in dem man die Zahl der definitorischen Eigenschaften vergrößert, den Umfang der betreffenden Klasse einschränkt, und umgekehrt. Zu den einzelnen Abgrenzungs- und weiteren Benennungsversuchen siehe ausführlich Helbig (1988: 31. ff).

Semantik

Abtönungspartikeln haben die Funktion, das Gesagte im Kontext der Rede zu situieren. Sie geben dem Gegenüber Informationen darüber, in welchem Zusammenhang ein Satz geäußert wurde und ermöglichen es ihm, ihn pragmatisch einzuordnen. Man kann ihre Bedeutung in Form eines Metakommentars, eines Kommentars über die Äußerung, paraphrasieren.

Von den primären Bedeutungsmerkmalen der Partikeln müssen die pragmatischen Wirkungen unterschieden werden, die mit ihnen erreicht werden können. Wenn Eva bei Hans eingeladen ist und das gute Essen mit dem Ausruf lobt: Du kannst ja kochen!, so kann das durchaus als misslungenes Kompliment wirken, da Hans aufgrund der Partikel ja mitversteht, dass Eva anfangs nur geringes Vertrauen in seine Kochkunst hatte. Pragmatische Effekte werden durch das Ineinandergreifen von Partikelbedeutung, ontischer Satzbedeutung und gesamter Situation in einem aktiven Interaktionsprozess zwischen Sprecherin und Hörer hergestellt. Aus diesem Grund sind sie schwer vorherzusagen. In einigen Fällen lassen sich generelle Regeln über pragmatische Effekte von Partikeln in bestimmten syntaktischen Kontexten aufstellen. Dazu gehören:

a)  Denn in Bestimmungsfragen wirkt meist freundlich.

     B:   Warum weinst du denn?

b) Denn bringt eine erstaunte Komponente in Entscheidungsfragen hinein.

     B:   Können Sie japanisch?

c)  Bei erstaunten Ausrufen in einem Tempus der Vergangenheit sollte man eher vielleicht als aber

     wählen.  B: Das Fest gestern war vielleicht langweilig!

d) Negativ-rhetorische Bestimmungsfragen werden mit auch gebildet.

     B:   Warum sollte ich auch arbeiten?

Diese Regeln haben zwar nur den Charakter von Faustregeln, gelten aber für die Mehrzahl der Fälle; sie können zu didaktischen Zwecken eingesetzt werden; sie lassen sich rational begründen und aus den primären Bedeutungen der Partikeln ableiten.

Semantische Beschreibungen von Abtönungspartikeln können auf verschiedenen Abstraktionsebenen vorgenommen werden:

Je abstrakter die Ebene ist, auf der man die Beschreibung ansetzt, desto erklärungsstärker wird diese insofern, als sie den Zusammenhang zwischen den einzelnen Vorkommen aufdeckt, desto mehr Details müssen aber auch vernachlässigt werden. Je spezifischer die Beschreibung angelegt ist, desto mehr semantische Einzelheiten lassen sich feststellen, desto mehr gerät aber der Zusammenhang mit den übrigen Vorkommen aus dem Blickfeld.

Syntax

Abtönungspartikeln sind in ihrer Distribution auf bestimmte Satztypen (z. B. Entscheidungsfragen, Bestimmungsfragen, Aufforderungssatz usw.) beschränkt. Sie sind (als Abtönungspartikeln) nicht vorfeldfähig, aber relativ frei im Mittelfeld distribuierbar.

Ulla hat doch ihrer Freundin das Buch geschenkt.

Ulla hat ihrer Freundin doch das Buch geschenkt.

Ulla hat ihrer Freundin das Buch doch geschenkt.

*Doch Ulla hat ihrer Freundin das Buch geschenkt.

Die Beispiele machen zugleich deutlich, dass die Abtönungspartikel vor dem Rhema steht. Wenn allerdings das finite Verb das Rhema des Satzes bildet, kann die Partikel diese Position vor dem Verb nicht einnehmen und steht meistens am Ende des Satzes.

Abtönungspartikeln sind nicht erfragbar, können nicht die Antwort auf eine Entscheidungsfrage und keinen eigenen selbständigen Satz bilden. Häufig werden sie kombiniert (Was ist denn eigentlich passiert? Kannst du mir mal eben helfen? Das ist ja denn doch wohl ein bisschen zu viel!). Dabei ist die Reihenfolge ihrer Anordnung keineswegs beliebig, vielmehr unterliegt sie genauen Regeln. Die meisten permutatorisch möglichen Kombinationen sind nicht möglich: *Was ist eigentlich denn passiert?

In historischer Hinsicht lässt sich feststellen, dass die Abtönungspartikeln schon lange ihren Platz in der deutschen Sprache haben. Dafür, dass diese Partikeln schon in den germanischen Vorstufen des Deutschen auftragen, spricht zum einen, dass die übrigen germanischen Sprachen ebenfalls über einen großen Reichtum an Partikeln, die ähnlich wie die Abtönungspartikeln funktionieren, verfügen, zum anderen, dass schon das Gotische Abtönungspartikeln aufwies (Hentschel 1986).

Abtönungspartikeln sind wie andere Wörter einem starken Bedeutungs- und Funktionswandel unterworfen. Man kann dialektale Unterschiede im Partikelgebrauch feststellen, jedoch kaum schichtspezifische.

Abtönungspartikeln tauchen besonders in der gesprochenen Rede, im Dialog auf, und dort vor allem dann, wenn die Sprechenden versuchen, persönliche Beziehungen zueinander aufzunehmen. Sind diese einmal etabliert und ändert sich an der aktuellen Sprechsituation nichts mehr so wird im weiteren Text auf Abtönungspartikeln verzichtet. Wird z. B. in einer Unterrichtsstunde eine Bildbeschreibung geübt, so mag der Lehrer zwar mit einer Partikelfrage beginnen: Was ist denn auf diesem Bild?, die weiteren Fragen wird er dann aber partikellos stellen: Und was ist oben zu sehen?, Wer ist noch auf dem Bild?

Coseriu sieht hier eine Parallele zum Gebrauch der Substantivkomposita und der Präfixverben. Das Gemeinsame an allen dreien sei, dass sie Informationen enthalten, auf die verzichtet wird, wenn der Kontext sie überflüssig macht. Es sei im Dt. üblich, die Richtung im Verbalpräfix auszudrücken: Das Kind ist hingefallen. Wird bereits gesagtem wohin das Kind gefallen ist, z. B. ‘auf den Boden’, so wird auf das Präfix verzichtet: Das Kind ist auf den Boden gefallen. Ähnlich ist es bei den Substantivkomposita: Durch Determinativkomposita werden Präzisierungen vorgenommen: Fahrkarte ist genauer als Karte; aber wenn der Kontext schon erkennen lässt, um welche Art von Karte es sich handelt, wird auf das Determinans verzichtet: Lass uns mal auf der Karte (?Landkarte) nachsehen, wo Wittenberg liegt. Aufgrund dieser analogen Verwendungsarten interpretiert er das Deutsche (genau wie das klassische Griechische) typologisch als „Situationssprache“.  

[Hentschel / Weydt: Handbuch der deutschen Grammatik, S. 288-288]

„Die Regel, dass das Rhema nach dem Thema stehen muss, betrifft also nur das Mittelfeld des Satzes. Das Vorfeld bietet eine weitere Stellungsmöglichkeit für das Rhema an; dabei ist allerdings zu besagten, dass Subjekte und Adverbialbestimmungen zu den Standard-“Füllungen“ des Vorfelds zählen und deshalb in dieser Stellung nicht rhematisch wirken, solange sie nicht besonders betont werden.

Die Thema-Rhema-Verteilung im Satz hat auch Auswirkungen auf die Stellung von Adverbialbestimmungen und Abtönungspartikeln. Beide können ebenfalls nicht nach dem Rhema stehen:

*Ich bringe dir ein Buch morgen.  (aber: Ich bringe dir morgen ein Buch.)

*Er hat ein Auto doch geklaut.  (aber: Er hat doch ein Auto geklaut.)

Für Abtönungspartikeln gibt es eine weitere Stellungsregel, die dann in Kraft tritt, wenn das finite Verb das Rhema des Satzes bildet. In solchen Fällen kann die Partikel - abweichend von der üblichen Stellung - ans Ende des Satzes treten. Vgl.:

*Er hat Geld doch.

Er verachtet Geld doch.

Dass die Partikel hier an einer Stelle steht, die gewöhnlich den Konstituenten des Prädikats vorbehalten ist, weist auf eine enge inhaltliche Beziehung zwischen Abtönungspartikel und Rhema hin. Andererseits kann man aus der Stellung der Abtönungspartikel auch Rückschlüsse auf das Rhema des Satzes ziehen:

Onkel Donald hat seinen Neffen das Sparschwein doch geklaut.

Onkel Donald hat seinen Neffen doch das Sparschwein geklaut.

Onkel Donald hat doch seinen Neffen das Sparschwein geklaut.

[Hetschel / Weydt, S. 394-396]

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