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ENERGEIA Energeia (comp.) Justo Fernández López Diccionario de lingüística español y alemán
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Vgl.: |
Humboldt, W. v. / Inhaltsbezogene Grammatik / Innere Sprachform / Ergon / Generative TG |
Energeia / Energetische Sprachauffassung
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„Energeia [griech. enérgeia ‘Tätigkeit’].
Auf Wilhelm von Humboldt (1767-1835) zurückgehender Begriff zur Bezeichnung von Sprache als „Tätigkeit“, als „wirkende Kraft“ im Unterschied zu Sprache als statischem Gebilde. Sprache ist nicht ein „da liegender, in seinem Ganzen überschaubarer Stoff“, sondern sie muss als ein „sich ewig erzeugender“ Prozess angesehen werden; Sprache in diesem Sinn macht „von endlichen Mitteln einen unendlichen Gebrauch“. Auf diese „energetische Sprachauffassung“ berufen sich in Deutschland unterschiedliche Sprachtheorien, vor allem die Inhaltsbezogene Grammatik von L. Weisgerber, und in Amerika die generative Transformationsgrammatik von N. Chomsky. Während Weisgerbers Rückgriff auf Humboldt zur Begründung seiner Sprachauffassung von Sprache als selbsttätiger gesellschaftlicher Erkenntnisform dient, bezieht sich N. Chomsky vor allem auf den kreativen Aspekt des Energeia-Begriffs, der im Rahmen seiner Sprachtheorie durch ein „System rekursiver Prozesse“ abgebildet wird.“ [Bußmann, H., S. 210]
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„Von W. v. Humboldt stammt der berühmte Satz, dass die Sprache kein Werk (Ergon), sondern eine wirkende Kraft (Energeia) sei. Sie sei daher nicht statischer, sonder dynamischer Natur. Vergleicht man dieses Axiom mit Saussures’ Dichotomie (langue-parole), so liegt bei Humboldt der Schwerpunkt auf der ‘Parole’, bei Saussure auf der ‘Langue’. Für Humboldt stehen die beiden Dimensionen in einem untrennbaren Zusammenhang und in stetiger Wechselwirkung. Nach W. Luther haben die Sprachinhaltsforscher des 20. Jahrhunderts den zentralen Satz Humboldts im Geiste von Saussure interpretiert. Nach G. Helbig baut Weisgerber stärker auf Humboldt als auf Saussure auf. Beide Aussagen zeigen, dass der wissenschaftstheoretische Standort der Sprachinhaltsforschung noch nicht endgültig geklärt ist. Besonders L. Weisgerber greift diesen Energeia-Gedanken wieder auf (wirkungsbezogene Stufe der Sprachforschung). Die statische Vorstellung, die bei Saussure im System-Gedanken zum Ausdruck kommt, wird schließlich von N. Chomsky in der Konzeption der Generativen Grammatik wieder verdrängt.“ [Heupel, C., S. 60-61]
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Eugenio Coseriu versucht, in gewisse Grundfragen der Sprachwissenschaft seit Saussure hineinzuleuchten, um Ordnung zu schaffen und halbwahre Formulierungen zu berichtigen.
Einige Thesen von E. Coseriu
Kritik an Coseriu
„Für Coseriu sind die Begriffe »Sprache« und »Veränderung« nicht trennbar, da ja das Wesen der Sprache enérgeia ist. Wir werden im Folgenden zu zeigen versuchen, dass diese Auffassung auf einem Denkfehler beruht. Zuvor aber wollen wir betonen, dass sie dennoch etwas Wahres enthält, zumal wenn man sie zunächst nur als eine Berichtigung eines Saussureschen Fehlers betrachtet.
Es ist nämlich sehr leicht einzusehen, dass der Saussuresche »Sprachzustand« nichts anderes ist als eine Epoche in der Entwicklung einer Sprache, während welcher die Veränderungen im Vergleich zu den Erhaltungen relativ gering sind. Saussure selbst war ja bereit, eine solche Epoche über hundert Jahre auszudehnen. Ein »Sprachzustand« innerhalb eines solchen Zeitraumes ist aber natürlich nichts, das aus dem historischen Zusammenhang heraus fällt oder ihm gar methodologisch entgegengesetzt werden könnte. Diesen Gegensatz konnte Saussure sozusagen nur erschleichen, indem er den Sprachzustand unberechtigterweise unter dem Decknamen »synchronisch« gleichsetzte mit »Funktionszusammenhang«. In der Tat ist ja dieser a-historisch und das Wort »chronos« ganz unangebracht zu seiner Charakterisierung. dass der Terminus »synchronisch geschaffen wurde, kann man nur aus dem antithetischen Denken Saussures erklären, der einem dialektischen Gegensatz zuliebe (»diachronisch« – »synchronisch«) ein methodologisches Zwitterwesen schuf, das zugleich ‚historischer’ Sprachzustand und ‚a-historischer’ Funktionszusammenhang sein wollte. Nur der letztere lässt sich von der historischen (besser vielleicht: »etymologischen«) Betrachtungsweise trennen. Zwischen Sprachzustand und Sprachentwicklung hingegen besteht kein wesentlicher Gegensatz.
Es ist schon so, dass die von uns untersuchten traditionell gebundenen Sprachen sich immer verändern. Soweit Coseriu dies betont, ist alles richtig. Nun aber kommen wir zu einem falschen Schluss in seinem Denken: Aus der Tatsache, dass eine Traditionssprache sich notwendigerweise verändert, folgt nicht, dass »Veränderlichkeit« ein Wesensmerkmal der »Sprache an sich« ist. Ich habe den Verdacht, dass der Verf. »wirklich« und »wesentlich« verwechselt. Dieser Verdacht wird dadurch verstärkt, dass er der wirklichen Sprache (lengua concreta) eine Scheinsprache (lengua abstracta) gegenüberstellt. Angeblich offenbart die erstere den Wesenszug des Sprachlichen, nämlich Veränderung, die andere hingegen schafft die Illusion der Unveränderlichkeit (S. 10).
Ist dadurch nun die Veränderlichkeit als Wesensmerkmal der Sprache erwiesen? Ich vermag das nicht zu glauben. Im Gegenteil, man kann mit guten Gründen den Spieß auch umdrehen, indem man sagt, die lengua bastracta ist eine sachgemäße Abstraktion, die alle »wesentlichen« Aspekte des Gegenstandes bewahrt und nur die akzidentellen ausblendet; nicht alles was »wirklich« ist ist auch »wesentlich«. So kommt man also zu dem Schluss, dass die Wesensmerkmale des Sprachlichen besser in der lengua abstracta zu erkennen sind als in der lengua concreta.
Tatsächlich lässt sich ja denn auch zeigen, dass sich die Begriffe »Sprache« und enérgeia sehr wohl trennen lassen. – Ich kann mir sehr gut eine Kunstsprache vorstellen, die in erster Linie nicht historisch, sondern technologisch studiert werden kann. Ja, eine solche Kunstsprache mag selbst gewisse Mechanismen eingebaut haben, die eine Anpassung an zukünftige Ausdrucksprobleme vorsehen, die also ein nach der Zukunft hin »offenes« System vorstellen. Die Naturwissenschaftler haben ja auf anderen Gebieten derartige »kluge« Maschinen schon konstruiert. Eine solche Kunstsprache wäre ganz ohne Zweifel ein érgon, nicht eine enérgeia. Sie wäre vor allem unzweifelhaft »wesentlich« Sprache, obgleich sie das Akzidenz der traditionsgebundenen Freiheit und daher Veränderlichkeit nicht einschließt.
Es scheint uns sicher zu sein, dass Coserius Lösung der Saussureschen Aporie in Wahrheit eine Scheinlösung ist. Auf dem Gebiet der Sprachtheorie ist nicht unbedenklich, zwischen Sprachwirklichkeit und Sprachmethode einen Gegensatz zu konstruieren. Jedenfalls ist ein solcher Gegensatz unfruchtbar für die Auflösung des Saussureschen Dilemmas. Er ist zu ersetzen durch den anderen »Funktionelle« und »Etymologische Methode«. Man sollte die Frage »Warum verändern sich die Sprachen?« durch die Frage »Was ist der Erklärungswert der etymologischen Methode?«. – Coseriu zeigt öfter seine Bewunderung für Kant. Er hätte von dem Königsberger Philosophien lernen können, dass es ein Denkfortschritt ist, die Frage »Was ist ein Ding an sich?« zu ersetzen durch die Frage »Warum erkennen wir ein Ding notwendigerweise in gewissen Formen?«
[Sandmann, M.: „Eugenio Coseriu: Sincronía, Diacronía e Historia. El Problema del cambio lingüístico. Montevideo: Universidad de la República, 1958.“ In: Zeitschrift für Romanische Philologie (Tübingen: Niemeyer), Bd. 76, 1960, S. 138-141]
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„Plato unterscheidet im «Philebos» die reine Mathematik und die Praxis, der es auf etwas anderes ankomme – und das sei unentbehrlich. Er nennt dies andere «Treffsicherheit». Es wird ausdrücklich gesagt, dass es für die Praxis des Lebens nicht genüge, sich auf die göttliche Wissenschaft von den reinen Zahlen, Kreisen und Dreiecken zu beschränken. Zur menschlichen Anwendung gehöre durchaus auch der «falsche» Kreis und ebenso das «falsche» Maß. Selbst bei der Musik und der Baukunst, in denen die Zahlen und Maße eine besonders hervorragende Rolle spielen, kommt es auf die Kunst des Treffens an. Sie ist unentbehrlich. So sei sie in dem guten Leben überhaupt zuzulassen, «wenn einer auch nur den Weg nach Hause soll finden können» (Phileb. 62b).
Das ist ein entscheidender Schritt, den Plato damit gegenüber den Pythagoreern tut, indem er den alten pythagoreischen Gegensatz von Unbegrenztem und Grenze ergänzt durch eine dritte Gattung des Seins. Er nennt sie das «Werden zum Sein». Diese höchst paradoxe Formel gebraucht Plato offenbar mit vollem Bewusstsein und – wie er es auch im «Parmenides» tut (155eff.) – um eine wirkliche Getrenntheit von zwei Welten, einer Welt der Ideen und einer Welt der Erscheinungen, als falschen Schein zu überwinden.
Wie um dem Nachdruck zu geben, variiert Plato den Ausdruck und sagt statt «Werden zum Sein» geradezu «gewordenes Sein». So betont er noch mehr die Einheit von Werden und Sein. Das gibt nun doch zu denken, dass Plato dem scheinbaren Gegensatz von Werden und Sein, von Anderswerden und An-sich-Sein, nicht das letzte Wort lässt. Die Reinheit der Mathematik bleibt zwar ein Vorbild des Wissens dank ihrer Genauigkeit und Wahrheit. Plato spricht hier aber nicht mehr wie in der «Politheia» davon, wie die reine Mathematik den Aufstieg zur reinen Dialektik vorzubereiten hat. – Vielmehr zielt er nunmehr überall darauf, dass im Weltenbau wie in der Praxis des Lebens das Gemischte vorliegt und darin das «Genaue» gesucht und getroffen werden muss. Am Ende bleibt nur die Welt der Zahlen und der Maße mit dem Begriff des reinen Wissens verknüpft. Das Werden wird nicht mehr als ein bloßes Nichtsein, das heißt als Anderswerden, gesehen, sondern bedeutet Werden zum Sein. Das ist der neue Schritt, der in Platos «Philebos» seinen Ausdruck findet. Der Schritt vom Werden zum Sein belässt dem Sein etwas von seinem Gewordensein. Das ließ sich an der Redeweise des «Philebos» schon beobachten. Das Sein kommt aus dem Werden heraus.
Das ist eine Wendung, über die es sich nachzudenken lohnt. Wir erkennen darin die Grunderfahrung wieder, die wir dem Werk der Kunst gegenüber machen, wenn wir sagen: «So ist es» - so ist es «richtig». Aristoteles hatte nur den einen Schritt über Plato hinaus zu tun, wenn er am «Werden zum Sein» das Sein des Werdens zum Thema machte. In diesem Zusammenhange führte er den Begriff «Energeia» ein, um seine «Physik» zu begründen. Aber dieses Wort lässt uns aufhorchen. Das Wort «Energeia» ist offenbar eine Aristotelische Neuschöpfung. Man bemerkt die Verlegenheit, die Aristoteles bei der Definition der «Energeia» hat, weil er sich eben nicht auf den Sprachgebrauch berufen kann. So muss er den Begriff durch die Analogie zur «Dynamis» definieren (Met. Θ 6), die Plato bereits im «Sophistes» (Soph. 247eff.) aus dem allgemeinen Sprachgebrauch in die philosophische Diskussion überführt hatte. Der Begriff «Energeia» schillert zwischen Aktualität, Wirklichkeit und Tätigkeit und wird dann auch noch der Begriffsbestimmung von «Kinesis» (Bewegung) dienstbar gemacht. Mit dem neuen Begriffsausdruck «Energeia» öffnet sich ein Problemhorizont, in dem auch auf die Seinsweise des Kunstwerks ein neues Licht fallen dürfte.
Das zeigt sich bereits an einer benachbarten. fas synonymen Wortschöpfung des Aristoteles, nämlich «Entelecheia». Es ist ein Ausdruck, der ebenso wie «Energeia» auf der Schwelle der Neuzeit neue Begriffsbestimmungen an sich gezogen hat. Das Geheimnis beider Wortbildungen besteht darin, dass sie etwas bezeichnen, das nicht wie ein «Ergon» ist, das mit der vollendeten Herstellung sein Dasein hat. Die aristotelischen Begriffe, die nach dem Sein der Bewegung fragen – wie Dynamis, Energeia und Entelecheia –, verweisen damit auf die Seite des Vollzuges und nicht auf ein «Ergon». Der Vollzug hat sein vollendetes Sein in sich selber. Damit wird zugleich deutlich, dass «Energeia» nicht bloß Bewegung («Kinesis») meint. Solange sie im Gange ist, ist sie nicht vollendet. Das Bewegte ist noch unterwegs, ist noch nicht angekommen. Es ist noch im Werden. So erwähnt Aristoteles ausdrücklich und im Unterschied zur «Energeia», dass Werden und Gewordensein nicht zugleich sind. Wohl aber ist Sehen und Gesehenhaben zugleich, oder Über-etwas-Nachdenken und Nachgedachthaben ebenfalls. Beides meint ein Verweilen bei dem Gemeinsamen, so wie wir etwa «bei der Sache sein» sagen. Nun meine ich, Aristoteles beschreibt «Energeia» durch das Wort für «Zugleich» (áìR), um die inmanente Gleichzeitigkeit der Dauer zu bezeichnen. Es ist kein Nacheinander, sondern ein Zugleich, das dem zukommt, das die Zeitstruktur des Verweilens besitzt. Es ist nicht ein Verrichten von diesem und jenem, erst dies und dann das, sondern es ist ein Ganzes, das da gegenwärtig ist, im Sehen, im Nachdenken, im Betrachten, in das man versunken ist – oder hören wir lieber auf die Weisheit der Sprache und sagen: «in dem man aufgeht». Aristoteles fügt denn auch das Beispiel des Lebens an. So sagen wir ja auch, dass man «am Leben ist». Solange einer am Leben ist, ist er mit seiner Vergangenheit und mit seiner Zukunft eines.
Machen wir die Anwendung auf die Kunst. Wir fragen dabei nicht so sehr, was da herauskommt oder sich zeigt. Wie sagen vielmehr, «es» kommt heraus. Das sagen wir sowohl im Falle des Bildes wie im Falle von Sprache und ihrer dichterischen Mächtigkeit. Wir machen daran eine Erfahrung. Dies «Machen» meint nicht eigentlich, dass wir etwas tun, sondern vielmehr, dass uns etwas aufgeht, wenn wir etwas richtig verstehen. Das heißt also ganz und gar nicht, dass wir etwas hineinlesen oder hineinlegen, das nicht darin ist. Wir lesen vielmehr heraus, was darin ist, und so, dass es herauskommt.
So ist es eine Erfahrung der Kunst. Sie ist keine bloße Aufnahme von etwas. Man geht vielmehr selber darin auf. Es ist mehr wie ein wartendes und gewahrendes Verweilen, das das Werk der Kunst herauskommen lässt, als dass es ein Tun wäre. Wieder können wir auf die Sprache hören: Was so herauskommt, «spricht einen an», wie wir sagen, und so ist der Angesprochene mit dem, was da herauskommt, wie in einem Gespräch. Das gilt ebenso vom Sehen wie vom Hören oder Lesen, dass man so bei dem Werk der Kunst verweilt. Verweilen ist eben nicht Zeitverlieren. Verweilendes Sein ist wie ein intensives wechselvolles Gespräch, das nicht terminiert ist, sondern dauert, bis es beendet wird. Das ist das Ganze eines Gesprächs, dass man eine Weile ganz «im Gespräch» ist, und das heißt «ganz dabei ist».
So ist es beim Lesen eines Dichtwerkes, wenn wir auch noch so sehr Zeile für Zeile nacheinander lesen und Seite für Seite. Auch da ist es nicht wie das Durchlaufen einer Strecke bis an das Ziel. Wie gehen ganz mit, wenn wir lesen. Wir sind dabei – und am Ende vertieft sich der Eindruck immer mehr: «So ist es». Es ist wie eine wachsende Faszination, die sich durchhält und sogar vorübergehende Störungen überstrahlt, weil die Stimmigkeit des Ganzen zunimmt und Zustimmung fordert. Wir kennen das besonders anschaulich beim Hören der Musik. Dilthey hat öfters an der Musik das Strukturgesetz allen Verstehens illustriert.”
[Gadamer, Hans-Georg: “Wort und Bild - «so wahr, so seiend»” (1992). In: Grondin, Jean (Hrg.): Gadamer-Lesebuch. Tübingen: Mohr, 1997, S. 184-187]
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SPRACHE ALS ENÉRGEIA
«Der Begründer der modernen theoretischen und allgemeinen Sprachwissenschaft und der wichtigste Vorläufer der heutigen synchronischen und funktionellen Betrachtung der Sprachen, Wilhelm von Humboldt (1767-1835), hat die Sprache im allgemeinen (frz. "langue") als enérgeia (Tätigkeit) charakterisiert. In seiner Abhandlung "Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues" sagt er nämlich: "Sie selbst (die Sprache) ist kein Werk (Ergon), sondern eine Tätigkeit (Energeia)." Diesen Satz von Humboldt findet man in der modernen Linguistik sehr oft wiederholt, aber leider sehr selten genau interpretiert. Man sagt fast immer, dass er damit das sogenannte "Lebendige" in der Sprache unterstreichen wollte, dass er die Sprache an erster Stelle als Rede, als Sprechtätigkeit betrachtete und man lässt sogar den humboldtschen Unterschied zwischen enérgeia und érgon mit dem Unterschied von F. de Saussure (1857-1913) zwischen parole und langue zusammenfallen, der etwas ganz anderes ist. Dabei vernachlässigt man fast immer das Wichtigste: die Tatsache, dass Humboldt ein aristotelischer Denker war, dass er auf die Sprache auch einen anderen berühmten aristotelischen Unterschied angewandt hat (den Unterschied zwischen Form und Stoff, morphé und hyle ) und dass er gerade in diesem Satz ganz klar auf seine aristotelischen Grundlagen anspielt. Humboldt sagt nämlich nicht bloss "Tätigkeit" und "Werk": er fügt die griechischen Wörter enérgeia und érgon hinzu, und zeigt damit ganz deutlich, dass er unter "Tätigkeit" nicht irgendeine 'Handlung' meint, sondern eine besondere und bestimmte Art von Tätigkeit, im Sinne des von Aristoteles eingeführten und definierten Fachausdrucks enérgeia.»
[Coseriu, Eugenio: Das romanische Verbalsystem. Tübingen: G. Narr, 1976, S. 17]
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Aristoteles 'ENERGEIA' und 'DYNAMIS'
«Aristoteles hat dieses Wort eingeführt um einen Begriff zu bezeichnen, den er selbst entdeckt hatte: den Begriff der schöpferischen Tätigkeit, oder mit aristotelischen Worten, der Tätigkeit, die ihrer eigenen Potenz vorausgeht und die von der Potenz (dynamis ) unabhängig ist. Und gerade um die Neuheit dieses Begriffes zu unterstreichen, gebraucht Aristoteles dafür keines der im Griechischen schon existierenden Wörter, wie práxis oder póiesis. Wenn Humboldt die Sprache als "Tätigkeit" charakterisiert, meint er "schöpferische Tätigkeit" in diesem selben aristotelischen Sinn.
Dass die Sprache eine menschliche Tätigkeit ist, dass sie sich konkret als Sprechen (oder Schreiben), d.h. als eine Handlung darstellt, ist an sich eine geläufige, banale Feststellung. Nun aber sind die Tätigkeiten im allgemeinen zweierlei: nämlich Tätigkeiten, die Wirkungen, Ergebnisse haben können, die sich aber ganz in ihren Wirkungen erschöpfen (z.B. Atmen, das Laufen) und Tätigkeiten, deren Resultat ein Erzeugnis, ein Werk, ein érgon, etwas Gemachtes ist (z.B. Bauen). Die Griechen unterschieden diese zwei Typen der Tätigkeit durch die Verben práttein und poiéin, die Römer durch die Verben agere und facere. Auch in den modernen Sprachen hat man bis zu einem gewissen Punkt denselben Unterschied (z.B. tun - machen, engl. to do - to make, fr. agir - faire, it. agire - fare, sp. actuar - hacer), aber er ist nicht so deutlich wie in den klassischen Sprachen. Die Sprache gehört offensichtlich dem zweiten Typ an, sie ist ein poiéin, ein facere, da das Gesprochene (oder Geschriebene) als Erzeugnis, als etwas Gemachtes gelten kann und materiell, z.B. auf Tonband, aufgenommen werden). Dieser zweite Typ der Tätigkeit, das poiéin, kann seinerseits zweierlei sein: nicht-schöpferisch und schöpferisch. Im ersten Fall realisiert man in der Tätigkeit ein "Machen-können", das man gelernt hat, eine dynamis, eine Technik, ohne etwas Neues, Erfundenes, nicht früher Gelerntes hinzuzufügen. Es sind also die rein technischen Tätigkeiten, die eine vorhergehende dynamis realisieren und für die dieses vorhergenede dynamis die notwendige Bedingung ist. So kann jemand, der Stühle zu machen gelernt hat, unendlich viele Stühle nach einem gegebenen Muster machen. Im zweiten Fall realisiert man in der Tätigkeit kein vorhergehendes "Machen-können", keine schon gegebene (gelernte) dynamis oder Technik, weil man etwas ganz Neues schafft, erfindet. In diesem Fall kann das Gemachte zum Muster für ein späteres Machen werden, die Erfindung kann als Technik gelernt werden, kann also für eine spätere Tätigkeit als dynamis gelten. In diesem Sinne geht hier die Tätigkeit der dynamis voraus! sie schöpferisch, energéia.
So kann das, was in der ersten Tragödie zum ersten Mal erfunden worden ist, nachgeahmt werden, also zur Technik der Tragödie als Gattung werden; aber in der ersten Tragödie war das Erfundene noch keine Technik, keine Gattungsrealisation. Zu diesem Typ des Machens gehören fast alle freien oder dichterischen Tätigkeiten in dem Maß, in dem sie eigentlich dichterisch sind.
Wenn also die Sprache eine enérgeia, eine dichterische Tätigkeit ist, muss sie auch Schöpfung, Erfindung des "Früher-nicht-existierenden" sin. Und so ist es auch in Wirklichkeit: der Beweis dafür ist der sogenannte sprachliche Wandel, d.h. das in den Sprachüberlieferungen historisch ununterbrochene Erscheinen von Formen, sprachlichen Verfahren und Bedeutungen, die früher nicht existierten und die von den Sprechern geschaffen, erfunden worden sind. Auch hier wird das von irgendjemand Erfundene zum Muster für andere Sprecher, zur dynamis für ein weiteres Sprechen.
Die Tatsache, dass wir die Sprachschöpfung, die sprachlich3e Neuerung, normalerweise nicht in dem Augenblick der Erschaffung selbst feststellen, sondern erst nachdem sie sich gewissermaßen verallgemeinert hat, dass wir gewöhnlich nicht bis zum ersten Schöpfer eines Ausdrucks kommen können, stellt eine empirische Schwierigkeit dar, aber keine theoretische. Im Übrigen sind uns manchmal, wenn auch selten, die Sprachschöpfer bekannt. So wissen wir beispielsweise, dass Aristoteles sowohl die Bedeutung als auch den Ausdruck enérgeia geschaffen hat.»
[Coseriu, Eugenio: Das romanische Verbalsystem. Tübingen: G. Narr, 1976, S. 17-19]
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Sprache als 'ENERGÉIA', 'DYNAMIS', 'ÉRGON'
«Nun aber bemerkt Aristoteles selbst, dass es beim Menschen keine reine enérgeia gibt. Die reine, absolute enérgeia ist nach Aristoteles der Geist als solcher, den er mit Gott identifiziert (Gott oder der Geist ist nämlich für Aristoteles die schöpferische Tätigkeit als solche, das Schaffen selbst, und nicht jemand, der schafft). Bei den menschlichen Tätigkeiten dagegen stellen wir immer die enérgeia neben der dynamis fest, die Freiheit neben der Historizität, das Schaffen neben der Technik, das Neuerfundene neben der Überlieferung, neben dem Gelernten und Wiederholten. Die menschlichen schöpferischen Tätigkeiten sind teilweise technisch, und sie sind enérgeia, reines Schaffen in dem Maß, in dem sie die Überlieferung, die dynamis, die gelernte Technik überholen. Die Dichtung, das Dichten als solches ist Schöpfung, aber in einem Gedicht gehört eine Seite zum Schaffen, zur absoluten Originalität, und eine andere Seite zur Technik, zur kulturhistorischen Überlieferung. Und so ist es auch bei der Sprache: sie ist eine Verbindung von Schöpfung und Tradition, jedoch überwiegt bei ihr, in Bezug auf die anderen freien Tätigkeiten, die Seite der Überlieferung, der Technik, so dass man oft Schwierigkeiten hat, die Sprachschöpfung zu erkennen und fast nur historisch bemerken wir, dass es Sprachschöpfung gegeben hat, da die Sprachüberlieferungen sich verändert haben. Das bestätigt uns, dass auch bei der Sprache nicht alles bloße Wiederholung ist.
Man hat also bei den menschlichen Tätigkeiten eine Kombination, eine Dialektik zwischen Überlieferungen, historischen Traditionen und eigentlicher Schöpfung. Wenn diese Traditionen allgemeine Strukturen darstellen, heißen sie bei der Dichtung "Gattungen", bei der Sprache "Sprachen" (fr. langues ).
Diesen Parallelismus zwischen literarischen Gattungen und Sprachen halten wir für grundlegend, sowohl für die Theorie der Gattungen als auch für die Theorie der Sprache. Die literarischen Gattungen sind wie die Sprachen technische Traditionen, als historische Gegenstände, die sich in der Geschichte verändern, und darum haben sie auch keine ideelle Definition: sie können nur beschrieben werden, entweder historisch oder synchronisch. So hat es für uns keinen Sinn zu fragen, was "eine Tragödie" ist (es wäre, wie wenn man fragen wollte, was "ein Spanisches" oder "ein Deutsches" ist): man kann nur fragen, was die Tragödie ist, wie sie historisch geworden ist oder wie sie in einem bestimmten Augenblick ist.
Die Sprache ist im Grunde energéia, aber das schließt nicht die dynamis, die Technik aus, und andererseits kann die Sprache auch, wie alle schöpferischen Tätigkeiten, vom Gesichtspunkt der ihr entsprechenden Erzeugnisse betrachtet werden, also als érgon, Werk, als Sprachprodukt.
Die Sprache kann daher von drei Gesichtspunkten aus betrachtet werden:
1) als enérgeia, Tätigkeit, Sprechen
2) als dynamis, Potenz, Sprechen-können
3) als érgon, Produkt, Gesprochenes.»
[Coseriu, Eugenio: Das romanische Verbalsystem. Tübingen: G. Narr, 1976, S. 19-21]
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«Die drei Ebenen der Sprache: universell, historisch, individuell
Diese Unterscheidung können wir mit einer anderen kombinieren. Die Sprache ist nämlich eine universelle, allgemein menschliche Tätigkeit, die immer von einzelnen realisiert wird (sie ist keine chorale oder kollektive Tätigkeit), aber nicht einfach von den einzelnen als solchen, sondern indem sie zu gewissen historischen Gemeinschaft (Sprachgemeinschaft) gehören, indem sie gewissen sprachlichen Überlieferungen folgen. Wir stellen also bei der Sprache drei Ebenen fest, die normalerweise zusammen vorkommen, die wir aber auch getrennt oder zumindest nacheinander feststellen können! die universelle, die historische und die individuelle.
Wenn wir z.B. im Nebenzimmer jemanden sprechen hören, aber die Sprache, die er spricht, nicht verstehen und die Person, die spricht, nicht erkennen können, wenn wir nur sagen können, dass jemand spricht, dass ein Mensch da ist und dass er seiner Stimme nach z.B. froh oder traurig oder wütend ist, dann haben wir die universelle Ebene der Sprache allein festgestellt; wenn wir hinterher das Gesagte z.B. als Deutsch erkennen und verstehen, dann haben wir auch die historische Ebene festgestellt; wenn wir endlich "das ist doch Peter!" sagen, haben wir die individuelle Ebene der Sprache erkannt.
Das führt uns zum folgenden Schema der Gesamtstruktur der Sprache im Allgemeinen:
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enérgeia - Tätigkeit das Sprechen |
dýnamis – Potenz das Sprechenkönnen |
érgon – Produkt das Gesprochene |
Universell |
das Sprechen im Allgemeinen |
das Sprechenkönnen im Allgemeinen |
das Gesprochene im Allgemeinen (die Gesamtheit aller „Texte“) |
Historisch |
die konkrete Sprache |
die virtuelle Sprache (Sprache, die man kann) |
(die abstrakte Sprache) (kommt empirisch nicht vor) |
Individuell |
die Rede (frz. discours) |
der individuelle Sprachbesitz |
der Text |
Dieses Schema kann uns viele Fragestellungen erklären, die sonst nicht ganz deutlich sind und uns die Stellung der verschiedenen Sprachwissenschaften und ihre Verhältnisse zueinander genauer verstehen lassen. Wenn man z.B. die Sprache im Allgemeinen als "die Tätigkeit, die Zeichen verwendet (oder besser, schafft)" definiert, so meint man das Universelle als Tätigkeit, als wirkliches Sprechen. Wenn man die Sprache im Allgemeinen als "Fähigkeit zum Sprechen" definiert, so meint man das Universelle als dynamis. Und wenn L. Wittgenstein die Sprache als "die Gesamtheit aller Sätze" definiert, so meint er das Universelle als Gesprochenes. Und auf der historischen Ebene: für die Auffassung der Alten war eine Sprache die konkrete Erscheinung der Sprache im Sprechen, eine Modalität des Sprechens, als ein Adverbialbegriff (vgl. latine loqui, attikísein ("attisch sprechen"), barbarísein ("barbarisch sprechen") usw.). Für die moderne geläufige Auffassung ist eine Sprache die virtuelle Sprache: man spricht Sprachen (also realisiert man sie im Sprechen), man kann Sprachen. Und für den Sprachwissenschaftler ist gewöhnlich eine Sprache die abstrakte Sprache, die Sprache, die er selbst vom Sprechen abstrahiert hat.
Die historische Sprache
Eine historische Sprache nennen wir die Sprache als Gefüge von Sprachtraditionen, als historisch-gewordenes Kulturprodukt. Sie ist kein homogenes System, das man unmittelbar analysieren kann. Auch im praktischen Sinn kann man nicht "das Französische im Allgemeinen" lernen, mit allen möglichen Verschiedenheiten, und man spricht auch nicht "das Französische im Allgemeinen". Niemand spricht "das Deutsche seit den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart", sondern nur das Deutsche von einer bestimmten Epoche; und niemand spricht alle deutschen Mundarten zugleich, sondern nur eine gewisse Mundart. Gerade darum müssen wir in Bezug auf die historische Sprache einige weitere Unterschiede einführen.
Diachronie und Synchronie
Eine Sprache entsteht und entwickelt sich diachronisch, aber sie funktioniert immer synchronisch. Darum muss man, wenn man das Funktionieren einer Sprache erklären will, den synchronischen Gesichtspunkt aufnehmen. [...] In seinem Buch Die Sprachwissenschaft, Leipzig 21901, S. 8 sagt Gabelentz, das "die ganze Sprache in jedem Augenblick lebt" und bemerkt dazu, das bedeute, "dass jede lebende Sprache in jedem Augenblick etwas Ganzes ist, und dass nur das im Augenblick Lebende in ihr wirkt". "Nicht Ei, Raupe und Puppe erklären den Flug des Schmetterlings, sondern der Körper des Schmetterlings selbst ..."
'Wiederholte Rede' und 'Technik des Sprechens'
Die Sprecher lassen in ihrem Sprechen verschiedene Systeme funktionieren und wiederholen zum Teil Stücke von früheren Reden, ebenso wie man auf einem Bild eine synchronisch funktionierende Technik finden kann neben Stücken, die von früheren Bildern nachgeahmt oder einfach reproduziert sind, oder in einer musikalischen Komposition Stücke, die von anderen Kompositionen einfach übernommen sind. Daher unterscheiden wir in der Synchronie zwischen dem Gesprochenen oder der wiederholten Rede und der Technik für weiteres Sprechen (die alles enthält, was zur Bildung neuer Ausdrücke notwendig ist.).
Wir können in einem heutigen hochdeutschen Text Ausdrücke finden wie: Viel Feind, viel Ehr. Solche Ausdrücke wiederholt man als schon fixiert; sie entsprechen nicht den heutigen geläufigen hochdeutschen Regeln zum Sprechen. So wird im ersten Ausdruck der Teil viel nicht durch zahlreich oder groß ersetzt (man sagt nicht "Zahlreich Feind, große Ehr" ).
Architektur der Sprache
In der Synchronie finden sich also wiederholte Rede und Sprachtechnik, und die synchronische Technik enthält verschiedene Systeme, die nicht zugleich, in demselben Text, funktionieren. In diesem Sinn sagt man, dass eine historische Sprache, auch synchronisch betrachtet, nicht ein System ist, sondern ein Diasystem, ein Gefüge von Systemen. Wir müssen also der Verschiedenheit der Sprachtechnik in der synchronischen Sprache Rechnung tragen.
Dabei stellen wir drei Arten von Unterschieden fest:
a) im Raum: diatopische Unterschiede
b) in den sozial-kulturellen Schichten: diastratische Unterschiede
c) zwischen den Typen der subjektiven Ausdrucksweisen (z.B. zwischen einer familiären und einer gehobenen Ausdrucksweise): diaphasische Unterschiede
Die diatopischen Einheiten nenn man gewöhnlich Dialekte (Mundarten): ein Dialekt ist also eine Sprachtechnik, die man diatopisch ein einer historischen Sprache unterscheidet: eine Sprache innerhalb einer anderen Sprache, diatopisch abgegrenzt. Für die diastratischen und diaphasischen Einheiten oder Systeme gibt es keine allgemein üblichen Fachausdrücke; wir werden sie Sprachstufen (oder Niveaux ) und Sprachstile nennen.
Die großen Unterschiede findet man in den europäischen Sprachen vor allem im diatopischen Sinn, im Raume, und darum spricht man fast ausschließlich von Dialekten oder Mundarten.
Die diatopischen, diastratischen und diaphasischen Unterschiede treten in der historischen Sprache miteinander kombiniert auf: für jede Mundart kann man Sprachstufen und Sprachstile feststellen; für jede Sprachstufe mundartliche und stilistische Unterschiede, usw. Gerade diese Gestaltung von Mundarten, Sprachstufen und Sprachstile nenne ich die Architektur einer historischen Sprache.
Die Grenzen zwischen Mundarten, Sprachstufen und Sprachstilen müssen nicht unbedingt zusammenfallen.
Normalerweise spricht man von Mundarten nur in Bezug auf die unteren Stufen der Sprache, weil die diatopischen Unterschiede gewöhnlich auf diesen Stufen besonders bemerkenswert sind. Aber diatopischen Unterschiede und folglich "Mundarten" gibt es auch auf der höchsten Stufe der Sprache, z.B. zwischen dem Französischen von Frankreich und dem von Kanada.
Die funktionelle Sprache
Um eine wirklich einheitliche, homogene Sprachtechnik festzustellen, müssen wir uns also auf einen einzigen Punkt des Sprachraumes, auf eine einzige sozial-kulturelle Schicht und auf einen einzigen Stil beschränken. Eine solche Sprachtechnik ist folglich nicht nur synchronisch, sondern auch syntopisch, synstratisch und synphasisch (z.B. zu einem bestimmten Zeitpunkt, eine bestimmte Mundart, auf einer bestimmten Sprachstufe und in einem bestimmten Stil). Nur eine solche Sprachtechnik kann unmittelbar in der Rede realisiert werden und nur in Bezug auf eine solche Sprachtechnik ist der Begriff "Sprachsystem" wirklich sinnvoll. Eine solche einheitliche, homogene Sprachtechnik nennen wir eine funktionelle Sprache. Eine funktionelle Sprache ist eine Sprache, die unmittelbar gesprochen, in der Rede realisiert werden kann; darum bezieht sich die saussure'sche Unterscheidung zwischen langue und parole gerade auf diese Sprache und nicht auf die historische Sprache.
System und Norm
In der funktionellen Sprache unterscheiden wir: das System und die Norm. Das System enthält alles, was objektiv funktionell ist, d.h. alles, was die sprachlich unentbehrliche Gegenüberstellung darstellt; die Norm alles, was objektiv nicht funktionell, aber im Sprechen normal, gemeinsam, traditionell ist. Das, was in einer Sprache zum System gehört, kann in einer anderen nur zu der Norm gehören, und umgekehrt.
Um eine Sprache richtig und völlig zu beschreiben, muss man sowohl ihr System als auch ihre Norm betrachten. Und so auch in praktischer Hinsicht: um eine Sprache richtig zu sprechen, muss man sowohl ihr System als auch ihre Norm beachten. Das gilt für die materielle und für die inhaltliche Seite der Sprache. Ein und demselben System können aber mehrere Normen entsprechen. In diesem Fall gehören sie natürlich zu der Architektur der Sprache. Das System und die Norm einer funktionellen Sprache stellen ihre Struktur dar.
Struktur der Sprache: System, Norm, Rede
Wir haben also, für eine funktionelle Sprache, folgende Schichten der Struktur:
System (das Funktionelle)
Norm (das einfach "Normale", "Gemeinsame")
Rede (die Realisierung der Sprache im Sprechen)
Sprachtyp
Vom System aus können wir noch höher gehen und zwar in zwei Richtungen. Entweder betrachten wir nur die abstrakte Form der funktionellen Sprache, ohne die Substanz ihrer Realisierung in den unteren Schichten, und in diesem Fall kommen wir zum Schema der funktionellen Sprache, wie in der sogenannten "Glosematik" von L. Hjelmslev. Oder wir betrachten die strukturelle Analogie der verschiedenen Gebiete des Sprachsystems, und in diesem Fall kommen wir zum Sprachtyp. Der Sprachtyp ist also die ideelle Einheit der strukturellen Verfahren einer Sprache auf den verschiedenen Gebieten ihres Systems, z.B. beim Nomen und beim Verbum, in der Wortbildung und in der Satzbildung usw. Da jede Sprache als solche eine Technik ist, stellt der Sprachtyp ihre höchste technische Einheit dar.
Schematische Darstellung
Wir erhalten also folgenden Aufbau der historischen Sprache:
Historische Sprache |
Diachronie |
|
||
Synchronie |
Wiederholte Rede |
|
|
|
Technik des Sprechens |
diatopische |
Unterschiede = „Architektur“ |
||
diastratische |
||||
diaphasische |
||||
Typ |
Funktionelle Sprache = „Struktur“ |
|||
System |
||||
Norm |
||||
Rede |
[Coseriu, Eugenio: Das romanische Verbalsystem. Tübingen: G. Narr, 1976, S. 21ff.]
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«Aristóteles habló de la posibilidad, de la δύναμις, en dos sentidos distintos: es por un lado δύναμις la potencia, la capacidad que tiene alguien de actuar sobre otro en tanto que otro. Es decir, si actúa en sí mismo es en tanto que distinto de sí mismo. Pero añadía Aristóteles en un pasaje distinto, que hay otro sentido de la palabra δύναμις, que es, por ejemplo, el que se refiere no a la potencia que uno tiene de actuar sobre otro, sino a la índole de una realidad que está sólo potencialmente contenida en otra realidad. Por ejemplo, la encina que no es actual mientras no haya más que bellotas. La vida, por ejemplo, de los mamíferos, que no era actual en el Precámbrico, y sin embargo había potencialidades genéticas para producirlos. Estaban en potencia. Eran δυνάμει ὄν. [...]
Aristóteles habla del δυνάμει ὄν, o de la δύναμις como potencia activa. Pero en los dos casos Aristóteles contrapone siempre la potencia al acto. Puede decirse que esta contraposición es obvia. Sí. Siempre que no resultada que el concepto de acto es ambiguo. [...]
No es lo mismo el acto que la acción. La acción es un sistema funcional, un sistema funcional de actos, un sistema rigurosamente hablando. Es lo que hace que el concepto aristotélico de δύναμις resulte insuficiente para aprehender las posibilidades. Porque aquello de que las posibilidades son posibilidades, no es de actos; aquello de que son posibilidades son acciones. Con lo cual el concepto de δύναμις, por repercusión, tiene que sufrir una modificación.»
[Zubiri, Xavier: Estructura dinámica de la realidad. Madrid: Alianza Editorial, 1989, p. 229-232]
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«Este es el primer sentido que da a la palabra δύναμις Aristóteles: la capacidad de mover a otro o de ser movido por otro; o bien, dice, “a algo, en tanto que otro”. Se puede mover a sí mismo, pero en tanto que otro, naturalmente. Este dualismo es constante en Aristóteles. Repercute constantemente en su concepción de la οὐσία, y del movimiento que de ella va a emerger. Uno sí puede moverse a sí mismo, pero en tanto que otro. Hay siempre este momento de alteridad: justamente es el momento del no-ser, que perfora siempre esta concepción aristotélica.
Tiene también, dice Aristóteles, otro sentido: “Decimos que algo es en potencia –potencialmente– como por ejemplo Hermes –la estatua de Hermes– en la madera.” Y pone otros varios ejemplos a continuación. Lo demás es acto, ἐνέργεια.
Aristóteles no define la ἐνέργεια. Naturalmente, no es que sea algo sencillo dar una definición rigurosa de lo que es el acto, pero en fin Aristóteles diría, evidentemente, que es la estatua de Hermes, y que la manera según la cual la estatua “es” respecto de la madera, en la cual todavía existe, es δυνάμει. Así δύναμις significa simplemente una posibilitas. [...]
Es decir, que hay unas δυνάμεις, que hay unas capacidades o facultades, que brotan de la sustancia de cada cosa, en una o en otra forma distintas de esta sustancia, y con las cuales esta sustancia actúa sobre las demás cosas.
Esta actuación, es decir, la realidad en acto y por consiguiente la actuación misma cuando está actuando, Aristóteles la llama ἐνέργεια. El vocablo ἐνέργεια tiene muchos sentidos en griego (como casi todas estas palabras). El que se le ha consagrado, aquí sobre todo (trabajamos en Filosofía), es el sentido de acto, pero como digo, no es el sentido único que tiene esa voz en griego. Se dice, por ejemplo, μεγάλη ἐνέργεια τῶ φαρμάκω πρόσεστι “el medicamento tiene mucha energía, gran energía”. Es decir, es muy energético, muy activo. También empleamos la palabra en ese sentido en español. Ahí, ἐνέργεια tiene el sentido de actividad. Aristóteles no atiende a lo que la actividad tiene de actividad, sino a lo que tiene de acto, a que está actuando en tanto que acto.
Ahora bien, con estas dos nociones en la mano, Aristóteles quiere entender lo que es el devenir. El devenir en un sentido general es cambio, y en él dice Aristóteles hay una composición de potencia y acto.»
[Zubiri, Xavier: Estructura dinámica de la realidad. Madrid: Alianza Editorial, 1989, p. 44-45]
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«En el movimiento Aristóteles busca, ante todo y sobre todo, el ens mobile. Porque partía precisamente de que hay un ens, una sustancialidad que tiene un estado de movimiento y de variación. Y entonces dice Aristóteles de este sujeto que se mueve, que el movimiento es ἐντελέχεια τοῦ δυνάμει ὄντος ἦ τοιοῦτον que es la actualidad de la potencia en tanto que potencia, es decir, el acto imperfecto, como él decía, ἀτελές. Ahora bien, esto no es evidente ni obvio. Porque lo primero que hay que decir como cosa obvia, es que el movimiento es siempre una respectividad en que se encuentra el móvil respecto de otros cuerpos.»
[Zubiri, Xavier: Estructura dinámica de la realidad. Madrid: Alianza Editorial, 1989, p. 117]
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Wilhelm von Humboldt (1767-1835) es considerado como el precursor de la moderna tipología lingüística. Para Humboldt, el lenguaje es una propiedad innata del hombre, las lenguas se habrían formado, en un principio, ya completas; la evolución posterior significa ya una decadencia. Humboldt sigue las teorías del romanticismo alemán: la lengua forma el pensamiento y refleja el “espíritu nacional”, las lenguas son diferentes porque reflejan la mentalidad de las diferentes naciones. Y es que la lengua no es un ἔργον (ergon: mero producto, “statisches System”), sino ἐνέργεια (energéia: actividad, “wirkende Kraft”). Pensar y hablar son idénticos, el lenguaje ya no es mero “instrumento”, sino elemento “constitutivo” del mundo (ἐνέργεια, energéia): los diversos lenguajes son de hecho distintas perspectivas del mundo (Humboldt). No se debe considerar el lenguaje como mero sistema objetivable de signos, sino como constitutivo de la actividad de pensar.
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