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PSYCHOANALYSE und LITERATUR (comp.) Justo Fernández López Diccionario de lingüística español y alemán
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Vgl.: |
Psychoanalyse und Sprache / Phantasie in der psychoanalytischen Theorie / Phantasie und das Unheimliche / Sinn / Text / Interpretation / Phantasie / Fiktion / Unheimliches / Märchen / Literatur / Lacan / Signifikant / Bedeutung / Gehirn / Gehirn und Sprache / Mythos in der psychoanalytischen Theorie / Sinn / Behaviorismus / Skinner / Poesie / Nachträglichkeit |
«Freud sah im Poeten eine Art von unzensurierter Ausgabe des Exemplar Mensch; deshalb besonders aufschlussreich für einen Forscher, dem nichts mehr am Herzen lag, als herauszufinden, was da drinnen unzensuriert vor sich geht.»
[Ludwig Marcuse: „Die deutsche Literatur im Werke Freuds“, zitiert in Psychologie des XX. Jhdts, Kindler Verlag, Bd. XV, S. 884]
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«An dem einen Beispiel vom Vergleich des Tabus mit der Zwangsneurose lässt sich bereits erraten, welches das Verhältnis der einzelnen Formen von Neurose zu den Kulturbildungen ist und wodurch das Studium der Neurosenpsychologie für das Verständnis der Kulturentwicklung wichtig wird.
Die Neurosen zeigen einerseits auffällige und tiefreichende Übereinstimmungen mit den großen sozialen Produktionen der Kunst, der Religion und der Philosophie, anderseits erscheinen sie wie Verzerrungen derselben. Man könnte den Ausspruch wagen, eine Hysterie sei ein Zerrbild einer Kunstschöpfung, eine Zwangsneurose ein Zerrbild einer Religion, ein paranoischer Wahn ein Zerrbild eines philosophischen Systems. Diese Abweichung führt sich in letzter Auflösung darauf zurück, dass die Neurosen asoziale Bildungen sind; sie suchen mit privaten Mitteln zu leisten, was in der Gesellschaft durch kollektive Arbeit entstand. Bei der Triebanalyse der Neurosen erfährt man, dass in ihnen die Triebkräfte sexueller Herkunft den bestimmenden Einfluss ausüben, während die entsprechenden Kulturbildungen auf sozialen Trieben ruhen, solchen, die aus der Vereinigung egoistischer und erotischer Anteile hervorgegangen sind. Das Sexualbedürfnis ist eben nicht imstande, die Menschen in ähnlicher Weise wie die Anforderungen der Selbsterhaltung zu einigen; die Sexualbefriedigung ist zunächst die Privatsache des Individuums.
Genetisch ergibt sich die asoziale Natur der Neurose aus deren ursprünglichster Tendenz, sich aus einer unbefriedigenden Realität in eine lustvollere Phantasiewelt zu flüchten. In dieser vom Neurotiker gemiedenen realen Welt herrscht die Gesellschaft der Menschen und die von ihnen gemeinsam geschaffenen Institutionen; die Abkehrung von der Realität ist gleichzeitig ein Austritt aus der menschlichen Gemeinschaft.»
[Freud, Sigmund (1912-13): Totem und Tabu. In: ders.: Studienausgabe, Bd. IX, Frankfurt am Main: Fischer, 1989, S. 362-363]
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„Auch diese Geschichte hat nichts mit einer möglichen Interpretation meines Buches zu tun. Hat sie eine Moral, so diese, dass das Privatleben der empirischen Autoren in gewisser Weise undurchdringlicher ist als ihre Texte. Ich habe sie nur erzählt, weil es auch eine Psychologie und eine Psychoanalyse der Texterzeugung gibt, die uns innerhalb ihrer Grenzen und Ziele helfen, das Funktionieren des Lebewesens Mensch zu verstehen. Zum Verstehen dessen, wie das Lebewesen Text funktioniert, sind sie aber zumindest prinzipiell, irrelevant.
Zwischen der geheimnisvollen Geschichte der Hervorbringung eines Textes und der unkontrollierbaren Abdrift seiner zukünftigen Interpretation ist der Text als Text eine beruhigende Gegenwart, ein Parameter, an den man sich halten kann.“
[Eco, Umberto: Die Grenzen der Interpretation. München / Wien: Carl Hanser, 1992, S. 167-168]
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„Zwar gehören zur historischen Entstehung der Psychoanalyse, wie Freud auch immer notiert hat, zeitgeschichtliche Einflüsse: Neurosenforschung, Hypnose-Experiment, Assoziationspsychologie und Lebensphilosophie (Selbstdarstellung, GW XIV, S. 31-96); aber die eigentliche Vorgeschichte der Psychoanalyse reicht weiter zurück. Die Anregungen durch Kunst und Literatur, vor allem der Erfahrungsschatz der Antike gaben Freud den stärksten Rückhalt bei der Ausarbeitung seiner aus der psychoanalytischen Praxis gewonnenen Erkenntnisse. Was er im Verweis auf den «Ödipus» von Anfang an aussprach, verdichtete er im Alter immer mehr, und als er ein Vierteljahrhundert nach der «Traumdeutung» in der ihm später eigenen Systematik einer Reihe größerer Aufsätze ncoh einmal seine Theorien formuliert, wird der Dualismus von Lust- und Realitätsprinzip in das mythische Gespann von Eros und Todestrieb (Thanatos) verwandelt, das soll heißen: einzig der Eros – zitiert nach dem in Platons «Symposion» zitierten Mythos des Aristophanes, also Verweis im Verweis, ein archaisches Idol des unzerstörbaren Triebs, kann, so wie er im Seelenleben gegen Aggression auftritt, die Zivilisation vor Vernichtung bewahren.”.
[Beiderwieden, Jens: „Verweis und Verdichtung – das Unbewusste, die Überlieferung und die Bedeutung in der Psychoanalyse Sigmund Freuds“. In: Kurnitzky (Hrsg.): Notizbuch. Psychoanalyse und Theorie der Gesellschaft. Berlin: Medusa Verlag, 1979, S. 119]
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„»Lesen ist Melancholie durch sein ’Wahrnehmen’ der Materialität von Texten, durch sein Grübeln (contemplation) über den toten Buchstaben«, meint Haverkamp, sich auf de Man berufend, sodass »die Theorie des Lesens eine Theorie der Trauer wird, der Unlesbarkeit und der Unfähigkeit zu trauern – Melancholie. In Frage steht weniger, wie viel Trauen beim Lesen stattfindet, als wie viel Lesen bei Trauer gebraucht wird.« Woraus sich ableiten lässt: Aus denselben Gründen, aus denen Freud Kunst die durch bis zur Melancholie vertiefte Trauer ermöglichte Lesbarkeit verweigert, lässt er in seiner klinischen Auffassung der Trauer Vergessen und Ersatz über das Gedächtnis (»Auswendigkeit der Zeichen«) triumphieren. Was die derart verjagte Melancholie nicht daran hindert, sich in Freuds Leben und in der Politik der Psychoanalyse in Erinnerung zu rufen.“
[Turnheim, Michael: „Widerstand gegen Lesbarkeit (Freuds Vergänglichkeit)“. In: RISS – Zeitschrift für Psychoanalyse, 43./1998-3, S. 58]
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„Für das psychoanalytische Denken ist es klar, dass gerade die Erfahrung der unbewussten Prozesse, also der «subjektivsten» und instabilsten Prozesse, zeigt, dass es kein Erlebnis und keine Tätigkeit des Menschen gibt, die nicht den Stempel des Symbolischen trägt, wenn auch in unterschiedlicher Form. Es gibt also fast nichts Unvermitteltes für die Subjekte, mögen die Vermittlungen aussehen wie sie sollen. «Unmittelbare Erfahrungen» sind nicht anders als fantasmatische Produktionen anzusehen, die nicht den Anspruch auf Wahrheit erheben und nicht mit Denken (Wissenschaft, Philosophie, Psychoanalyse) verglichen werden können. Ansonsten würde man Gefahr laufen, in Absurditäten zu verfallen.
Die Wahrheit des Unbewussten ist keine impressionistische oder expressionistische Wahrheit, auch wenn man sie teilweise in Metaphern ausdrückt. Denn sie hat eine bestimmte Struktur, die auf bestimmte Begriffe hinweist. Es ist die Einheit von metaphorischem und begrifflichem Denken, die das «ganze» nichtreduzierte Denken ausmacht, und es ist deplaciert, das metaphorische gegen das begriffliche Moment auszuspielen.
Die einzige wichtige Frage ist demgegenüber die: wenn alle Erkenntnisse über die Natur und die Menschen vermittelt sind, welche Modi gibt es dann, Differenzierungen einzuführen und «illegitime» Diskurse zu lokalisieren, die auf Kosten des Gegenstandes bzw. des Subjekts stattfinden?
Mathematische und logische Kalküle, vor denen gewisse Künstler und Denker deswegen einen Horror haben, weil sie nur eine reduzierte und triviale Form davon kennen, sind voll und ganz Momente des Symbolischen, mit denen man das Reale «trifft», wie der Bogenschütze das Ziel mit dem Pfeil erreicht; denn jenes Reale ist die sich immer verschiebende Grenze der äußeren und inneren Realität.
In der Literatur wussten die großen Schriftsteller, dass es um Wahrheit und nicht um «Erlebnisse» in ihrem rohen Zustand geht; Kafka und Proust («La vraie vie ç’est la littérature») sind Beispiele dafür.”
[Lipowatz, Thanos: Die Verleugnung des Politischen. Die Ethik des Symbolischen bei Jacques Lacan. Weinheim und Berlin: Quadriga Verlag, 1986, S. 29-30 und 47 Anm. 11]
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„Die Gefühle, welche sich in der Übertragung ausdrücken, finden angeblich nicht in der gegenwärtigen Situation ihre Rechfertigung. Sie waren im Kranken vorbereitet, stammen von anderswoher und begegnen nun bei Gelegenheit der analytischen Behandlung auch dem Therapeuten. Aber wiederum Vorsicht! Was sind denn Gefühlsbeziehungen, Bindungen und Verliebtheiten auch sonst anders als solche schlummernden Neigungen, ohne die unser Leben maschinenmäßig öde verlaufen würde? Was macht sich für eine langweilige Wohlanständigkeit breit, wenn jedes Gefühl, das nicht in das Klischee der Erwartung des Psychologen passt, verhaftet und in die Analyse abgeführt wird? Wenn Carmen – l’amour est un oiseau rebelle – jene Männer ablehnt, die für sie entflammt sind, und sich für die unzugänglichen begeistert, handelt sie dann aus Übertragung? Die Frage erlaubt uns keine Wahl mehr; die Wahl ist schon vorher getroffen. Wenn wir sie stellen, haben wir bereits unser Anrecht vergeben, zu Carmen auf die Bühne zu treten und mitzuspielen. Wir können nur noch im Zuschauerraum Platz nehmen.
Gefühle und Worte! Tappen die Analytiker in einer verwunschenen Welt herum, in der sich früher die Poeten und Künstler viel besser zurechtfanden – oder haben sich früher die Menschen in ihren Gefühlsbeziehungen verirrt, geliebt und gehasst, ohne zu wissen warum, bis die Analytiker kamen und zumindest einen Teil dieser Verwirrung klärten? [...]
Zurück zu den Gefühlen und den Worten. Man kann Gefühle in Worten ausdrücken oder aber in Worten über sie reden. Die erste Form ist die lebendige, unmittelbare, die sich jeder Mensch in dem Augenblick wünscht, in dem er fühlt. Die zweite ist gebrochen, reflektiert, mittelbar: sie wird von jenem verwendet, der zwar weiß, dass man über Gefühle reden muss, es aber nicht deshalb tut, weil er etwas ausdrücken will, sondern weil er etwas erreichen möchte. (Natürlich lässt sich auch der Ausdruck von Gefühlen verwenden, um etwas zu erreichen; Kinder tun das unwillkürlich, Erwachsene oft geplant – jede Werbung für Kaffee oder Tütensuppen liefert Anschauungsmaterial.)“
[Schmidbauer, W.: Liebeserklärung an die Psychoanalyse. Reinbek: Rowohlt, 1988, S. 66‑67]
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„Ich habe viel Respekt vor dem Geist, aber ob ihn die Natur auch hat? Er ist doch nur ein Stück von ihr, das Übrige scheint ohne dieses Stück gut auskommen zu können. Ob sie sich durch die Rücksicht auf den Geist wirklich weitgehend beeinflussen lassen wird?
Beneidenswert, wer darüber etwas sicherer weiß als ich!“
[S. Freud - zit. Max Schur: Sigmund Freud Leben und Sterben. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 494-495]
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„Sigmund Freud hat die Menschheit klarer über sich selbst gemacht: ich sage klarer, nicht glücklicher. Er hat einer ganzen Generation das Weltbild vertieft: ich sage vertieft und nicht verschönert“. [Stefan Zweig, 1931]
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Nachdem Freud am Anfang mit der „kathartische Methode“ der Hypnose gearbeitet hat, entdeckt er die neue Methode der Therapie: freie Assoziation des Patienten und „schwebende Aufmerksamkeit“ des Therapeuten. Seine verblüffende Entdeckung war, dass die Verführungsszenen aus der Kindheit, die ihm seine PatientenInnen erzählten, erfunden waren, phantasiert waren; dass der Patient einen „Familienroman“ erzählt. Ursprung des Romans ist der Roman des Ursprungs (Marthe Robert).
„Nach seiner Selbstanalyse, bei der er seinen eigenen Ödipus entdeckt zu haben glaubt, sucht Freud in der Literatur nach Beweisen, die weder seine eigene Analyse noch die seiner wenigen Patienten bis dahin liefern konnten. Kaum hatte er das Geheimnis der griechischen Tragödie enträtseln können, als er bei Shakespeare eine Bestätigung seiner Ansichten zu finden glaubt.
«Flüchtig ist mir durch den Kopf gegangen, ob dasselbe nicht auch dem Hamlet zugrunde liegen möchte. Ich denke nicht an Shakespeare bewusste Absicht, sondern glaube lieber, dass eine reale Begebenheit den Dichter zur Darstellung reizte, indem das Unbewusste im ihm das Unbewusste im Helden verstand.» (Aus den Anfängen der Psychoanalyse, S. 194).
„In dieser Phase hat Freud den Zusammenhang zwischen den wesentlichen Aussagen eines literarischen Werkes und dem Unbewussten zwar noch nicht ausgesprochen, aber er ahnt bereits, welch große Hilfe ihm die Meisterwerke vor allem der Literatur bedeuten. In ihnen haben Menschen aller Zeiten ihre kühnsten Träume verwirklicht. Er empfindet eine seltsame Solidarität zwischen der Psychoanalyse und der Literatur, die beiden aus denselben Quelle schöpfen und sich gegenseitig bereichern können. Ohne Zweifel war dieser Gedanke nur bei einem Manne möglich, der durch die Bildung und Geschmack den Wert der Kunst sehr hoch, vielleicht zu hoch einschätze. Die Beschäftigung mit der Kunst musste tröstlich für ihn sein, da sie die berufliche Isolierung zum Teil ausglich, unter der er damals gerade furchtbar litt. Sie vermochte seinen Mut zu stärken, indem sie ihm zeigte, dass die ungeheuren Dinge, auf die er bei seiner Analyse stieß, auch von anderen erlebt und beschrieben worden waren, die allgemein als Genies galten.“
[Marthe Robert: Die Revolution der Psychoanalyse. Frankfurt a. M.: Fischer, 1967, S. 107]
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„Die Psychoanalyse entstand, als Freud sich nicht mehr damit zufriedengab, mit den damaligen, nicht naturwissenschaftlich, sondern empirische fundierten Techniken der Hypnose, Elektro- und medikamentösen Therapie die Leiden von neurotisch Erkrankten zu behandelt. Er wollte vielmehr verstehen, warum sie erkrankt waren. Weil seine Entdeckungen in einer Zeit des großen Aufschwungs der Naturwissenschaften fielen (und er selbst ein qualifizierter Neuropathologe war), formulierte Freud diesen hermeneutischen, auf das Verständnis der Konflikte der Kranken hin orientierten Ansatz naturwissenschaftlich. Er hat die Hoffnung auf eine Einheitswissenschaft nie völlig aufgegeben, obwohl er bald keine konkreten Verbindungen zwischen der Hirnanatomie und seelischen Instanzen wie Ich, Es und Über-Ich mehr suchte.“
[Schmidbauer, W.: Liebeserklärung an die Psychoanalyse. Reinbek: Rowohlt, 1988, S. 28]
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