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SAPIR und WHORF HYPOTHESE

Hipótesis de Sapir y Whorf

(comp.) Justo Fernández López

Diccionario de lingüística español y alemán

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Vgl.:

Form vs. Substanz von Zeichen / Humboldt, Wilhelm von / Inhaltsbezogene Grammatik / Innere Sprachform / NP-VP-Modell / Sprache und Denken / Sprache und Realität / Kultur

 

Weltbild-Theorie: Relativitätsprinzip der Sprache (Whorf-Sapir-Hypothese)

Für W. von Humboldt ist die primäre Leistung der Sprache, dass sie ›die Welt in das Eigentum des Geistes umschafft‹. Diese These, dass mit jeder Einzelsprache eine besondere Weltsicht gegeben sei, wurde von Whorf, Sapir und Weisgerber weiterentwickelt. Whorf hat seine Ansichten mit Untersuchungen der Sprache der Hopi-Indianer gestützt. Seine Thesen sind bis zum heutigen Tage umstritten. Nach G. Helbig sind die verschiedenen Sprachen (langues) nicht Erzeugnisse der Sprachfähigkeit (langage), sonst hätten die Angehörigen derselben Sprachgemeinschaft notwendigerweise dasselbe, die Angehörigen anderer Sprachgemeinschaften notwendigerweise ein anderes Weltbild. Die verschiedenen Weltbilder seien vielmehr ein Erzeugnis des Denkens, wobei die Sprache nur ein Werkzeug bleibt. Denken und Sprache seien also nicht identisch. Whorfts These, nach der das Denken vollständig durch die Sprachstruktur determiniert sei, wurde besonders von dem Soziolinguisten B. Bernstein ausgewertet. Er hat Whorf ergänzt, indem er erklärte, die Sprechweise des Individuums sei durch soziale Faktoren bestimmt. Die schichtenspezifischen Formen des Sprachverhaltens und ihr Einfluss auf die kognitiven Prozesse hat in Deutschland besonders U. Oevermann studiert.” [Heupel, Carl, S. 262]

Sapir-Whorf-Hypothese

Von B. L. Whorf (1897-1941) auf der Basis der Sprachauffassung seines Lehrers E. Sapir entwickelte Forschungshypothese, der zufolge die Sprachen Denken und Wahrnehmung ihrer jeweiligen Sprecher determinieren. Whorf selbst bezeichnet diesen Ansatz als „sprachliches (bzw. linguistisches) Relativitätsprinzip“, d. h. so wie die Zeit, Raum und Masse (nach Einstein) nur in Relation auf ein Bezugssystem und dessen Eigengeschwindigkeit definierbar sind, so kann sich auch menschliche Erkenntnis nur in Relation zu den semantischen und strukturellen Möglichkeiten natürlicher Sprachen vollziehen.

Durch seine Beschäftigung mit nordamerik. Indianersprachen kam Whorf zu den Schluss, dass „Menschen, die Sprachen mit sehr verschiedenen Grammatiken benützen, durch diese Grammatiken zu typisch verschiedenen Beobachtungen und verschiedenen Bewertungen äußerlich ähnlicher Beobachtungen geführt“ werden, d. h. zu „verschiedenen Ansichten von der Welt“ gelangen. Z. B. leitete Whorf aus der Beobachtung der Hopi-Sprache die Hypothese ab, dass die Hopi über keinen physikalischen Zeitbegriff verfügen.

Die S.-W.-H. steht im Einklang mit Humboldts Sprachauffassung von der „Weltansicht“ der Sprachen, wie sie im Titel zu seinem Werk über die Kawi-Sprachen (Java) zum Ausdruck kommt: „Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts“. Allerdings haben Sapir und Whorf sich weder auf Humboldt noch auf zeitgenössische parallele Sprachauffassungen (wie z. B. die der Inhaltsbezogene Grammatik von L. Weisgerber) explizit bezogen.

Die noch immer andauernde Diskussion über die Funktion von Sprache im Erkenntnisprozess tendiert zunehmend zu einer stärkeren Differenzierung sprachlicher Funktionen und setzt eine wechselseitige Beziehung zwischen Sprache und Denken an die Stelle des Primats einer das Denken determinierenden Sprachauffassung.“ [Bußmann, H., S. 657-658]

Sprachlicher Determinismus

Von B. L. Whorf (1897-1941) aufgrund seiner Untersuchungen des Dialekts der Hopi-Indianer vertretene Hypothese, der zufolge jede Einzelsprache Wahrnehmung, Erfahrung und Handeln ihrer Sprecher so stark bestimmt, dass Sprecher verschiedener Sprachen in dem Maße zu unterschiedlichen Weltauffassungen gelangen müssen, wir ihre Sprache verschieden strukturiert sind. Damit wird Sprache nicht primär als Mittel zur Kommunikation aufgefasst, sondern als unbewusstes „Hintergrundphänomen“, das individuelles Denken weitgehend determiniert. Ohne W. v. Humboldt zu kennen, stehe Whorf mit dieser Hypothese des S. D. in der Tradition des Neohumbodtianismus; zugleich entspricht seine Auffassung dem Konzept des „Sprachlichen Weltbildes“, das L. Weisgerbers Inhaltsbezogenen Grammatik zugrunde liegt. [Bußmann, H., S. 709]

„Die Strukturen der Hopi-Sprache aus der Familie der tano-uto-aztekischen Sprachen, insbesondere ihre Raum-Zeit-Darstellung, hat Whorf eingehend analysiert und mit dem Englischen verglichen. Aus dieser Untersuchung leitet Whorf die These ab, dass die Sprache das Denken des Menschen determiniert (sog. Sapir-Whorf-Hypothese), indem sie ihm ein Raster zur Verfügung stellt, mittels dessen er die Wirklichkeit erfassen und erkennen kann; verschiedene Sprachen bilden unterschiedliche Wahrnehmungsmuster, und entsprechend nehmen die Sprecher verschiedener Sprachen die Welt auf verschiedene Weise wahr. Damit ist Whorf zu Ergebnissen gekommen, die den Gedanken des sprachlichen Idealismus und der inhaltsbezogenen Grammatik sehr nahe stehen.“ [Hentschel, E. / Weydt, H., 1994, S. 400-401]

Das Subjekt-Prädikat-Schema unserer Sätze ist das allgemeinste und damit im Sinne Whorfs auch das wirksamste Interpretationsschema unserer Sprache. Die weitaus meisten einfachen Sätze unserer Sprache haben Subjekt-Prädikat-(Objekt-) Struktur, d.h. sie bestehen aus Eigennamen, die für bestimmte Objekte (seien sie konkret oder abstrakt, seien es Gegenstände (Sachen), Personen oder andere Subjekte) stehen, und aus deinem Prädikat, das diesen Objekten ein Attribut zuschreibt (seien es Eigenschaften, Beziehungen, Zustände, Prozesse oder Handlungen). Dabei werden die Objekte aufgefasst als mehr oder minder dauerhafte Gegebenheiten, die durch ihre verschiedenen momentanen Zustände hindurch, im Wechsel ihrer Attribute ihre Identität bewahren, die den Erscheinungen subsistieren, an denen sich das Geschehen vollzieht und die als Träger der Zustände fungieren.

In diesem Sinne interpretieren wir gewöhnlich alle Ereignisse und Sachverhalte in einer Objekt-Attribut-Struktur. Dass diese Interpretation nicht selbstverständlich ist, dass man dieses sprachliche Prädikationsschema nicht naiv in die Ontologie projizieren kann, das wird schon deutlich an den Fällen, in denen wir diese sprachliche Form verwenden, obwohl von identifizierbaren Gegenständen keine Rede sein kann. In diesem Sinn sagen wir z.B. «Der Wind weht», «Der Himmel ist blau» ... usw.

In den unpersönlich gebrauchten Verben haben wir zudem ein Mittel, ein Geschehen anders als in der Objekt-Attribut-Form darzustellen: Die Sätze: «Es regnet», «Es friert» «Es wird windig», «Es wird getanzt» haben zwar grammatikalisch-formal ebenfalls Subjekt-Prädikat-Struktur, aber hier ist ganz deutlich, dass das Pronomen «es» nicht für bestimmte Objekte steht, dass man diese Sätze nicht als Aussagen über Objekte deuten kann. [...]

Die Möglichkeit, unpersönliche Sätze zu bilden, zeigt, dass nicht alles Geschehen im Objekt-Attibut-Schema interpretiert werden muss. Die Tatsache, dass wir von dieser sprachlichen Möglichkeit aber nur relativ Gebrauch machen, dass formal auch die unpersönlichen Sätze Subjekt-Prädikat-(Objekt-)-Struktur haben und dass wir auch Substantive verwenden, wo es sich um identifizierbare Objekte handelt, beweist, wie vorherrschend diese Interpretation ist.

Wir haben oben gesehen, dass Whorf annimmt, dass die Nootka-Sprache die Prädikation in diesem Sinn nicht kennt. Das wäre ein sehr wichtiger weiterer Belegt dafür, dass es sich beim Objekt-Attribut-Schema um eine Interpretationsform, nicht aber um eine vorgegebene ontologische Struktur handelt.

P. Hartmann hat im Japanischen wie in anderen ostasiatischen Sprachen einen Sprachtyp aufgewiesen, in dem die Sätze ebenfalls keine Subjekt-Prädikat-Struktur in unserem Sinn haben. Er nennt diese Sprachen «referierende» und sagt: «Die Vorgangsbezeichnung ist stets der hauptsächliche Inhalt des japanischen Satzes. Als solche erscheint sie als einziger Satzteil in nominativischer Vorstellung. Alle übrigen Satzglieder können als Attribute zu dieser Vorgangsbezeichnung angesehen werden» ([52], S. 96). D.h. Subjekts- wie Objektsangaben sind entbehrliche Ergänzungen des einfachen Satzes als eines reinen Vorgangssatzes. Diese «Subjektlosigkeit», besser vielleicht: diese sekundäre Rolle des Subjekts, ist nach Hartmann ein Merkmal aller ostasiatischen Sprachen. Der deutsche Satz «Der Mensch sieht den Berg» nimmt z.B. im Japanischen die Form an «Des Menschen den-Berg-Sehen», wobei «Sehen» (im Sinne von «Es wird gesehen») die Vorgangsbezeichnung ist, die auch für sich allein stehen kann. Dieser Vorgang wird ergänzt beschrieben zunächst als ein «BergSehen» («Ein Berg wird gesehen») und dann als ein Berg-Sehen des Menschen («Ein Berg wird von dem Menschen gesehen»). – Für Hartmann drückt sich in dieser ardersartigen Satzkonstruktion eine andersartige Weltsicht aus. [...]

..., wollen wir überlegen, wie eine einfache Sprache aussehen könnte, die keine Subjekt-Prädikat-(Objekt-)-Struktur hat.

Die Grundeinheiten dieser deskriptiven Sprachen – nennen wir sie L – die zu Mitteilungen verwendbar sind, sollen ebenso wie die unserer Sprache – nennen wir sie S – einfache Aussagesätze sein. Während solche Sätze nun in S in Eigennamen und Prädikate aufgegliedert werden, soll diese Analyse in L nicht möglich sein. Inhaltlich würden also die Sätze von L unpersönlichen Sätzen von S entsprechen und so z.B. besagen «Es regnet», «Es wird gegessen», «Es ist kalt», usw.

Man kann aber nun nicht einfach jedem einfachen Satz von S eine Satzkonstante von L zuordnen. [...] Große Schwierigkeiten würde hingegen machen, in L Analogien zu den mehrfach quantifizierenden Sätzen von S zu bilden. S ist also doch erheblich ausdrucksreicher als die einfache Sprache L, deren Sätze aus Verbindungen elementarer Sätze bestehen.

Die Sprache der Mengenlehre ist hingegen ein Beispiel für eine Sprache, die S an Ausdrucksreichtum nicht nachsteht und in der keine Prädikatskonstanten, sondern nur Gegenstandskonstanten und logische Operatoren vorkommen, in der sich also, so könnte man sagen, eine andere Interpretationsform ausdrückt als in S.

Der Nachteil solcher Sprachkonstruktionen liegt natürlich darin, dass wir sie doch wieder mithilfe unserer eigenen Sprache interpretieren, so dass sie die These, in andersartigen grammatikalischen Formen drücke sich oft eine andersartige Interpretationsweise aus, nicht belegen können. Sie sind aber doch vielleicht geeignet, die Möglichkeit solcher andersartiger Interpretationsformen etwas besser zu verdeutlichen und die Eigenart und Leistung des Prädikationsschemas besser in den Blick zu bekommen.

Der Anteil der Sprache an der Erfahrung besteht im Fall der Subjekt-Prädikat-(Objekt-)-Struktur der Sätze darin, dass wir mit der Sprache lernen, unsere Erfahrungen im Schema Objekt-Attribut zu systematisieren und darzustellen. So lernen wir z.B. einen Sachverhalt zu beschreiben als «Die Rose ist rot» und nicht als «Die Röte rost» oder «Rotsein liegt vor und die Rose ist dabei beteiligt». Solche Beschreibungen würden eine ganz andere Systematisierung der Erscheinungen, eine ganz andere Ontologie implizieren. Dadurch dass ein gewisser Vorrat von sprachlichen Ausrücken und Formen vorhanden ist, die einer bestimmten Interpretation und Einordnung der Erscheinungen dienen, dass einfache und stereotype Ausdrücke und Formen für andere Interpretationen hingegen nicht vorhanden sind, dadurch legt die Sprache die Art und Weise, wie wir das Erfahrene deuten und auffassen, in gewissem Umfang schon fest. Denn solange wir mit den vorhandenen Sprachmitteln auskommen, haben wir keinen Anlass, uns nach neuen Mitteln umzusehen. Eine Modifikation der Grundformen unserer Sprache würde auch so weitreichende Konsequenzen für unseren Begriffsapparat und unsere Annahmen über die Welt nach sich ziehen, dass sie nur auf lange Sicht und nur von der Sprachgemeinschaft insgesamt zu verwirklichen wäre.

Auf dieser Basis des Objekt-Attribut-Schemas steht unsere Logik und unsere wissenschaftliche Begriffs- und Theoriebildung. Insofern ist es nicht übertrieben, wenn man sagt, dass z.B. unsere Mathematik und Naturwissenschaft und damit unser naturwissenschaftlich geprägtes Weltbild diese sprachliche Grundlage zur Voraussetzung haben. In diesem Sinn sagt Whorf:

«Thus the world view of modern science arises be higher specialization of the basic grammar of the Western Indo-European languages. Science of course was not caused bei this grammar; it was simply colored by it». (Whorf, 1956, S. 221)

Diese Sprachliche Basis wird dabei freilich selbst modifiziert: Unsere logischen Auffassungen prägen wiederum das Verständnis unserer Sprache. Die logische Grammatik ist nicht die «natürliche» Grammatik unserer Sprache, aber sie beruht doch auf dem gleichen Prädikationsschema, das auch ihr zugrunde liegt.”

[Kutschera, F. v.: Sprachphilosophie. München: Wilhelm Fink, ²1975, S. 324-226 und 328-329]

„Man kann die Relativitätsthese in zwei Behauptungen aufgliedern:

1.       Es besteht eine Korrelation zwischen Sprache und Weltansicht der Art, dass typischen und tiefgreifenden Differenzen sprachlicher Formen typischen und tief greifende Differenzen der Weltansicht entsprechen.

2.      Die Weltansicht hängt von der Sprache ab; die Interpretationsformen der Erfahrung sind sprachliche vermittelt.

Während die zweite Behauptung besagt, dass die Sprache, die wir sprechen, die Formen unserer Erfahrung beeinflusst, also eine Einwirkung der Sprache auf die Erfahrung beinhaltet, besagt die erste Behauptung nur, dass es Entsprechungen zwischen sprachlichen Formen und Formen der Weltansicht gibt, ohne festzulegen, ob diese von jenen oder jene von diesen bestimmt werden. Die erste Behauptung ist schwächer als die zweite, denn es kann eine Korrelation zwischen Sprache und Weltansicht geben, die nicht auf einem Einfluss der Sprache auf die Erfahrung beruht; man kann aber nicht einen solchen Einfluss der Sprache annehmen, wenn auch typischen und tief greifenden Unterschieden sprachlicher Formen keine deutlichen Unterschiede der Erfahrung entsprechen. Erst die zweite Behauptung drückt den vollen Inhalt der Relativitätsthese aus, so wie sie Humboldt, Sapir und Whorf verstanden haben. [...]

Vom Standpunkt der realistischen Semantik aus würde man sagen: Wenn die Wörter und die grammatischen Formen dadurch bedeutungsvoll werden, dass wie ihnen sprachunabhängige Objekte, Begriffe oder Propositionen als Bedeutungen zuordnen, dann ist die These vom Anteil der Sprache an der Erfahrung falsch: Sie ist trivialerweise falsch, wenn man unter Sprache nur die laut- oder schriftsprachlichen Ausdrücke versteht, denn diese Ausdrücke allein haben auf unsere Erfahrung sicher keinen Einfluss. [...]

Diese These vom Anteil der Sprache an der Erfahrung hat ihren Platz nur im Rahmen der pragmatischen Bedeutungstheorie. [...] Nur wenn die Sprachmittel nicht bloß als Ausdruck von Interpretationsformen angesehen werden, sondern als die Interpretationsformen erst definierend, wenn wir allein mit der Sprache die Unterscheidungen und Bestimmungen erlernen, in denen wir das Erfahrene gliedern, und wenn damit die Sprache zum Mittel der Erschließung der Welt wird, ist es sinnvoll anzunehmen, dass unsere Auffassungsweisen durch unsere Sprache geprägt werden und dass verschiedene Sprachen verschiedene Interpretationsweisen darstellen können.“

[Kutschera, F. v.: Sprachphilosophie. München: Wilhelm Fink, ²1975, S. 330-332]

„Die Sprache ist ein offenes System; soweit unsere Erkenntnis je reichen wird, soweit wird dann auch unsere Sprache reichen. Und die Aussage, dass es eine Wirklichkeit gibt, die wir sprachliche nicht erfassen können, ist nicht nur ebenso unbeweisbar wir die alte skeptische Grundthese «Es gibt keine sichere Erkenntnis» (um diesen Satz zu beweisen, müsste man ja wohl sicher erkennen, dass er wahr ist), sondern sogar sinnlos. Es wurde ja bereits gezeigt, warum ein Satz der Sprache S: «Es gibt Objekte, über die man in S nicht sprechen kann» sinnlos ist. In diesem Sinn sagt Wittgenstein im Traktat: «Skeptizismus ist nicht unwiderleglich, sondern offenbar unsinnig, wenn er bezweifeln will, wo nicht gefragt werden kann. Denn Zweifel kann nur bestehen, wo eine Frage besteht; eine Frage nur, wo eine Antwort besteht, und diese nur, wo etwas gesagt werden kann.» (Wittgenstein: Tractatus, 6.51.)

Wenn es verschiedene Sprachen mit verschiedenen Ontologien gibt, so ergibt sich daraus wohl ein Relativismus, aber kein Skeptizismus. Man kann nicht sagen: Es kann nur eine Ontologie richtig sein, welche aber richtig ist, können wir nicht entscheiden, denn alle stellen mögliche, d.h. mit der Erfahrung verträgliche Interpretationen dar. Richtig und falsch sind in diesem Sinn nur Sätze, nicht aber Begriffssysteme. Man muss also zu den Begriffssystemen die grundlegenden Annahmen hinzufügen, die mit diesen Begriffen formuliert sind, und so verschiedene Weltansichten wie Theorien ansehen. Theorien, die in ganz verschiedenen Sprachen und Begriffssystemen formuliert sind, können durchaus nebeneinander bestehen, ohne dass man sagen könnte, die Richtigkeit der einen schlösse aus, dass die andere richtig sei. In diesem Sinn enthält also der Relativismus keine skeptische Komponente des Inhalts: nur eine Weltansicht kann richtig sein, welche wissen wir aber nicht.”

[Kutschera, F. v.: Sprachphilosophie. München: Wilhelm Fink, ²1975, S. 343-344]

„Tatsache ist, dass ein großer Teil des Netzwerks von Symbolen eines Menschen universal ist. Wir fassen soviel von dem, was uns allen gemeinsam ist, als selbstverständlich auf, dass es uns schwer fällt einzusehen, wie viel wir mit anderen Menschen gemeinsam haben. Es bedarf einer bewussten Anstrengung, sich vorzustellen, wie viel – oder wie wenig – wir mit Gebilden anderer Art – Steinen, Autos, Restaurants, Ameisen usw. – gemeinsam haben, um zu zeigen, wie stark wir uns mit anderen Menschen überschneiden. Was an einer anderen Person sofort auffällt, ist nicht das, worin wir uns überschneiden, denn das wird als selbstverständlich vorausgesetzt, sobald wir die andere Person als Mensch erkennen; vielmehr blicken wir über die üblichen Überschneidungen hinweg, und finden gewöhnlich bedeutende Unterschiede sowie einige unerwartete zusätzliche Überschneidungen.

Gelegentlich wird man auch finden, dass eine andere Person etwas von dem, was einem als Minimal-Standardkern vorkam, gar nicht wahrnimmt. [...] Zum Beispiel könnte jemand nicht wissen, was ein Elefant ist oder wie der Bundeskanzler heißt oder dass die Erde rund ist. In solchen Fällen ist das Symbolnetzwerk wahrscheinlich so fundamental von dem Ihrigen unterschieden, dass eine sinnvolle Kommunikation schwierig sein wird. Auf der anderen Seite wird diese selbe Person vielleicht mit Ihnen eine besondere Art von Wissen gemeinsam haben – wie z.B. die Kenntnis des Dominospiels –, so dass Sie in einem abgegrenzten Bereich gut kommunizieren können. Das wäre das Gleiche, wie wenn Sie jemanden treffen, der aus der gleichen ländlichen Gegend in Nordhessen kommt wie Sie, so dass Ihre beiden ARDs [Alternative Republik Deutschland] in einem sehr kleinen Bereich in vielen Details übereinstimmen, was Ihnen erlaubt, ohne Schwierigkeiten zu beschreiben, wie man von einem Ort zum anderen gelangt.

Wenn wir nun zum Vergleich Ihres eigenen Symbolnetzwerks mit dem eines Franzosen oder eines Engländers zurückkehren, können wir sagen: Wir erwarten, dass sie den gleichen Kern von Klassensymbolen haben, und dies trotz der Tatsache, dass ihr Muttersprache verschieden ist. Wir erwarten nicht, dass wir mit ihnen hochspezialisierte Netze gemeinsam haben; das erwarten wir aber auch nicht von einem nach Belieben herausgegriffenen Menschen, der unsere Muttersprache spricht. Die Auslösemuster von Menschen anderer Sprache werden sich von den unsrigen etwas unterscheiden, aber die wichtigsten Klassensymbole und ihre Hauptverbindungswege sind allgemein zugänglich, so dass kleinere Nebenstraßen im Hinblick auf sie beschrieben werden können.“

[Hofstadter, Douglas R.: Gödel, Escher, Bach – ein Endloses Geflochtenes Band. Stuttgart: Klett-Cotta, 1986, S. 403‑404]

„Das einzelne Sprachzeichen besteht also aus Signifikant und Signifikat, aus Lautbild und Sinn. Die Zuordnung eines Lautbildes zu einem Sinn geschieht willkürlich, oder wie wir sagen, konventionell (lat. = nach Gutdünken). Der beste Beweis dafür ist die Verschiedenheit der Lautbilder für gleiche Bedeutungen in den verschiedenen Sprachen. Allerdings darf man nicht glauben, dass die Bedeutungen unabhängig von ihren Lautbildern existieren. Wo kein Lautbild ist, da ist auch keine Bedeutung. Der Beweis dafür ist, dass Sprachen, die kein Wort für grün kennen, diese Farbe auch nicht als von blau unterschieden ansehen.”

[Link, Jürgen: Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe. Eine programmierte Einführung auf strukturalistischer Basis. München: Wilhelm Fink Verlag, 1974, S.47]

„Man fand, dass das linguistische System (mit anderen Worten , die Grammatik) jeder Sprache nicht nur ein reproduktives Instrument zum Ausdruck von Gedanken ist, sondern vielmehr selbst die Gedanken seiner Eindrücke und für die Synthese dessen, was ihm an Vorstellungen zur Verfügung steht. Die Formulierung von Gedanken ist kein unabhängiger Vorgang, der im alten Sinne dieses Wortes rational ist, sondern er ist beeinflusst von der jeweiligen Grammatik“.

(B. L. WHORF, Sprache, Denken, Wirklichkeit, Reinbek 1963, Seite 12)

„Die verschiedenen Muttersprachen sind die wirklichen Gegebenheiten. Wenn wir von ihnen aus nach einem Allgemeinen suchen, so wird das vielleicht nicht irgendein Universalbegriff von ‚Sprache’ sein, sondern etwas Besseres - etwas ‚Sublinguistisches’ oder ‚Superlinguistisches’ - und etwas, das, so anders es auch sein mag, nicht etwas völlig anderes als das ist, dem wir heute das Adjektiv ‚geistig’ beilegen.

(B.L. WHORF, Sprache, Denken, Wirklichkeit, Reinbek 1963, Seite 39)

„Die englische Technik der Aussage stützt sich auf die zwei künstlichen Klassen der Substantive und Verben und auf die zweiteilende Ideologie von der Natur“.

(B. L. WHORF, Sprache, Denken, Wirklichkeit, Reinbek 1963, Seite 43)

„Es scheint, dass Dialekte, die an der Oberfläche ziemlich weit voneinander entfernt, ja sogar bei einem ersten Kontakt kaum gegenseitig verständlich sind, einen großen zentralen Fundus gemeinsamer Regeln und Prozesse aufweisen und sich in den zugrunde liegenden Strukturen, die durch lange historische Epochen hindurch unveränderlich zu bleiben scheinen, nur sehr leicht voneinander unterschieden.

(N. CHOMSKY, Sprache und Geist, Ffm 1973, Seite 131)

„Noch relevanter für unser Thema, so glaube ich, sind die Entwicklungen in der komparativen Ethologie der letzten dreißig Jahre ... auf Grund derartiger Untersuchungen spricht heute vieles dafür, dass sich die Perzeption von Linien, Winkeln, Bewegung und anderen komplexen Eigenschaften der physikalischen Welt auf eine angeborene Organisation des Nervensystems gründet.

(N. CHOMSKY, Sprache und Geist, Ffm 1973, Seite 154)

„Wir teilen also die Regeln der Sprache mit anderen, wie wir mit ihnen eine Organisation des Gesichtsfeldes teilen“

(N. CHOMSKY, Reflexionen über die Sprache, Ffm 1977, Seite 90)

„Trotz beträchtlicher Verschiedenheiten in unseren jeweiligen Lernerfahrungen können wir ohne Schwierigkeiten miteinander kommunizieren; nichts deutet darauf hin, dass wir fundamental verschiedene Sprachen sprechen.“

(N. CHOMSKY, Sprache und Geist, Ffm 1973, Seite 147)

[Aus: Kurt Weinke: „Zum Problem der Universalgrammatik bei Noam Chomsky und Benjamin Lee Whorf“. In:

http://www.mauthner-gesellschaft.de/mauthner/tex/weinke.html]

Cultura

Una de las definiciones de ‘cultura’ más interesantes para fines lingüísticos (Goodenough, W. H., 1964) afirma que la cultura abarca todo lo que cada individuo debe saber o creer para operar de modo aceptable en una sociedad dada. Se diferencia de la herencia biológica en tanto que no nos viene dada, sino que se aprende, por lo que la cultura no está constituida por objetos, sino por la forma en que expresamos, organizamos y dotamos de contenido y connotaciones a objetos y creencias. La faceta cultural es fundamental en el estudio de las lenguas, ya que los hablantes de una comunidad dada hacen continuas referencias implícitas a conocimientos compartidos, lo que les permite incluir en su discurso importantes caudales de información que sería muy difícil tener que hacer explícitos en cada intervención.

En el siglo XX se ha llegado a considerar (Sapir, E., 1921; Whorf, B. L., 1973) que el anisomorfismo cultural constituía un obstáculo insalvable para la comprensión de otras lenguas y, por tanto, para la traducción (cf determinismo). En la actualidad se tiende a reconocer la importancia de dicho ‘anisomorfismo’, pero constatando su carácter relativo, que no imposibilita ni el aprendizaje efectivo de otras lenguas ni la comunicación interlingüística (Franco, J., 1996b), ya que todas las lenguas cuentan por definición con medios para explicar de forma más o menos perifrástica cualquier concepto, aunque carezcan de él (Jakobson, R., 1959).”

[Alcaraz Varó, Enrique / Martínez Linares, María Antonia: Diccionario de lingüística moderna. Barcelona: Editorial Ariel, 1997, p. 156]

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