Ser und Estar - Überblick
Ser y estar - Resumen
© Justo Fernández López
Spanische Grammatik für deutsche Muttersprachler
Ser <> Estar
Deutsch: sein = Spanisch: estar/ser
estar ist ein spezifisches ser
SEIN =
SER
estar
Dem deutschen Verb sein entsprechen im Spanischen zwei Verben: ser und estar.
Ser und estar gehen getrennte Wege, wenn sie Vollverben oder Hilfsverben sind. Da konkurrieren sie nicht miteinander.
Als kopulative Verben (Verbindung Subjekt und Prädikatsnomen (X ist ein Y) muss man unterscheiden:
Es gibt keine Konstruktion estar + Substantiv. Also bei Zuweisung einer Klasse (dieses Tier ist ein Tiger) oder eine Identität (er ist Mexikaner) steht immer ser.
Erst bei Zuweisung einer Eigenschaft konkurrieren ser <> estar. Hier ist entscheidend, ob es sich um eine wesentliche bzw. charakterisierende Eigenschaft handelt, oder ob die Eigenschaft in den Augen des Sprechers Produkt einer Veränderung ist, dann steht immer estar. Bei der Zuweisung einer Eigenschaft verwendet der Sprecher estar, wenn er das Gefühl hat oder annimmt, dass sich an der Sache etwas verändert hat. Er stellt die Veränderung durch einen Vergleich fest. Die vom Sprecher empfundene Veränderung kann real sein oder sie wurde von ihm nur erwartet bzw. angenommen.
SER
ESTAR
gehen zuerst getrennte Wege
als VOLLVERB
Nicht-kopulative Funktion
Existieren und stattfinden
existir [existieren]: Dios es.
tener lugar [stattfinden]:
La fiesta es aquí.
La boda fue hace 3 días.
Die Hochzeit war vor drei Tagen.
El congreso es en París.
Der Kongress findet in Paris statt.
El congreso es mañana.
Der Kongress findet morgen statt.
Ortsangabe / gesundheitlicher Zustand
encontrarse / hallarse [sich befinden]
¿está Juan (en casa)? Ist Juan da?
¿cómo está? Wie geht es ihm?
La sala está en el tercer piso.
Der Hörsaal ist im dritten Stock.
El perro está debajo de la mesa.
Der Hund ist unter dem Tisch.
Juan está en Oviedo.
Hans ist in Oviedo.
als HILFSVERB
Zur Bildung des Passiv
Vorgangspassiv
hoy he sido invitado
América ha sido descubierta por Colón.
Amerika wurde von Kolumbus entdeckt.
El niño ha sido educado por su abuela.
Das Kind wurde von der Oma erzogen.
Estas cuentas ya ha sido saldadas.
Diese Rechnungen wurden schon bezahlt.
Zustandspassiv / Verbalperiphrasen
hoy estoy invitado
Este coche ya está vendido.
Dieses Auto ist schon verkauft.
El niño está durmiendo.
Das Kind schläft gerade.
Estas cuentas están por pagar.
Diese Rechnungen sind noch zu bezahlen.
als KOPULAVERB
[Verbindung eines Subjekts
mit dem Prädikatsnomen]
Identifizierende / klassifizierende Funktion
Zuweisung einer Klasse: Klassifikation
Es un elefante de la India.
Esto es una fábrica y no es una iglesia.
Esta planta es una hortensia.
Este bicho es un armadillo.
Esto es un ordenador nuevo.
Este es un cienpiés.
Esto es una porquería.
Es gibt keine Verbindung: estar + Substantiv!
Ausnahmen:
Estar trompa = betrunken sein
Estar fenómeno = großartig sein
Estar pez = keine Ahnung haben
Estar cañón = toll aussehen
Estar mosca = mißtrauisch sein
Estar canela = lecker sein
Herkunft:
Carmen es de Sevilla.
Este chico es de Alemania.
Tätigkeitsangabe / Beruf:
Es músico.
Es camarero en la Costa Brava.
Hier ist die Klassezuweisung definitiv.
El rector en Innsbruck es el Prof. Huber.
Vorübergehende Tätigkeit:
Está de camarero en la Costa Brava.
Er arbeitet zur Zeit als Kellner
an der Costa Brava.
Ahora está de rector en Innsbruck.
Está de chófer de un ministro.
Zugehörigkeit:
Este coche es de Juan.
Materialbeschaffenheit:
El reloj es de oro.
Zuweisung einer Identität
Es católico.
Este pájaro es un colibrí.
Ésta es Marisol.
Éste es mi marido.
Éstos son nuestros hijos.
Juan es el de la derecha.
(Uhr)Zeitangabe / Wochentag:
Son las tres. / Hoy es lunes. / Es tarde.
¿Qué hora es? Son las tres.
Wie spät ist es? Es ist 3 Uhr.
¿Qué día es hoy? Hoy es lunes.
Was ist heute? Heute ist Montag.
Hoy es el día de tu santo.
Heute ist dein Namenstag.
Es invierno. Es Navidad.
Es ist Winter. Es ist Weihnachte.
Beachte:
ya es hora de + infinitivo.
= es ist höchste Zeit zu + Infinitiv
es de día / es de noche.
= es ist Tag / es ist Nacht
Datum:
Estamos a 3 de noviembre.
Wir haben den 3. November.
¿A qué día estamos? Estamos a 3 de mayo.
Welchen Tag haben wir heute. Den 3. Mai.
Pronto estamos en Navidad.
Wir haben bald Weihnachten.
Pronto estamos en invierno.
Bald haben wir den Winter.
Besitz bzw. Zugehörigkeit
¿De quién esta maleta? Es mía.
Wem gehört dieser Koffer.
(Er gehört) mir.
El coche rojo es de Juan.
Das rote Auto gehört Hans.
Preisangabe / Rechenergebnisse
Dos y dos son cuatro.
Dos por dos son cuatro.
Trece menos cuatro son nueve.
-¿Cuánto es? -Son doscientos euros.
Hervorhebung einzelner Satzglieder
Es así como lo tienes que hacer.
So musst du es machen!
Con quienes tienes que hablar es con el jefe.
Mit dem Chef musst du reden.
A quien hay que dirigirse es al jefe de sección.
An den Abteilungsleiter muss man sich wenden.
Es heißt ohne Unterschied ser oder estar casado, ser oder estar soltero: verheiratet sein , ledig sein.
Man sagt aber nur estar casado con alguien: mit jemandem verheiratet sein.
Frage nach dem „Stand“: -¿Es casado o soltero? -Es viudo.
bei ADVERBIEN
Es tarde.
= es ist spät
Es demasiado pronto.
= es ist zu früh
Es bastante cerca
= es ist ziemlich nahe
Es bastante lejos
= es ist ziemlich weit weg
¿Qué tal estás?
= wie geht’s dir?
Estoy bien / mal.
= mit geht’s gut / schlecht
Eso está mejor.
= das ist besser
Así está mejor.
= so ist es besser
Está mejor que nunca.
= es ist so gut wie noch nie
Está lejos. = das liegt weit weg
erst bei der
Zuweisung einer Eigenschaft
konkurrieren miteinander
ser <> estar
mit (qualifizierenden) Adjektiven
Unterscheidend - Charakterisierend
Ser wird verwendet mit Adjektiven, die eine Person oder eine Sache
charakterisieren, definieren, klassifizieren bzw. eine Wesenseigenschaft ausdrücken: „es ist ...“
Die zeitliche Zuschreibung ist nicht
wichtig und oft auch nicht ersichtlich.
Objektbetont:
Zum Wesen gehörende Eigenschaft.
Dauerhafte Eigenschaft.
Charakterisiert das Objekt.
Ordnet dem Subjekt ein konstitutives, charakteristisches Merkmal zu.
Die Eigenschaft wird vom Sprecher nicht als Produkt einer
Veränderung wahrgenommen.
Inhärente / wesensmäßige / objektive / unveränderliche Eigenschaft.
Allgemein gültige Norm.
Absolut gesehen.
Eigenschaft als Produkt einer Veränderung
Zuschreibung einer aus einer Veränderung resultierenden Eigenschaft = konkretisierende Funktion.
Der Sprecher stellt eine Veränderung fest.
Die festgestellte Veränderung braucht nicht vorübergehend zu sein.
Oft ist die zeitliche Zuschreibung relevant und ersichtlich.
Subjektbetont:
Die Eigenschaft wird vom Sprecher als Produkt einer Veränderung empfunden.
Beschreibt.
Umstandsabhängige, von außen einwirkende oft subjektive Eigenschaft:
Zustand / Resultat.
Konkreter Fall. Ausnahmefall.
Relativ: Im Vergleich / Kontrast zu einem anderen Objekt oder Zustand gesehen.
Statisch:
Charakterisierung
„es ist (immer) so“ /
„es war (immer) so“
Beschaffenheit.
Charakteristische Eigenschaft einer
Person oder einer Sache.
Die Dauer spielt keine Rolle.
Anfang und Ende der Zuweisung, wenn
überhaupt denkbar, sind ausgeblendet.
Entgrenztes Sein.
Dynamisch:
Empfundene / wahrgenommene Eigenschaft
„es ist so geworden“ /
„es ist nicht so geworden, wie gefürchtet“,
„es besteht immer noch der Zustand“;
„es hat sich nichts geändert“
Der Sprecher bezeichnet mit estar:
Eine aus einer Veränderung resultierende
Eigenschaft (bzw. Zustand); auf die längere
oder kürzere Dauer dieses Zustandes
kommt es nicht an.
Eine befürchtete, aber nicht eingetretene
Veränderung.
Eine nur erdachte oder als möglich betrachtete Veränderung.
Eine Eigenschaft, die das Objekt oder die
Person von einem anderen Objekt oder
einer anderen Person unterscheidet:
im Kontras / Vergleich zu ...;
Einen nicht eingetretenen, aber denkbaren
oder vermuteten Zustand.
Erworbene Eigenschaft: Veränderung.
Zeitlich unmarkiert.
Zeitlich markiert: Ergebnis einer Veränderung.
La reina Sofía es muy inteligente.
Es príncipe Felipe es muy alto.
En Ginebra la vida es muy cara.
Es un chico muy moreno.
Es muy triste lo de la muerte de Juan.
Con ese vestido estás muy bonita.
El niño está muy alto para su edad.
La vida en Austria está muy cara.
¡Qué moreno estás!
Desde la muerte de Juan está triste.
Die Konstruktion ser + Adjektiv ordnet dem Subjekt ein konstitutives, charakteristisches Merkmal zu.
Die Eigenschaft wird nicht als Produkt einer Veränderung wahrgenommen, sondern als wesentliches Merkmal und dauerhaft.
Die Konstruktion estar + Adjektiv gibt einen durch Veränderung entstandenen oder veränderbaren Zustand des Subjekts an.
Wenn der Sprecher estar verwendet, vergleicht er den von ihm bezeichneten Zustand mit einem anderen Zustand.
Der Vergleich bzw. der Kontrast dient dazu, eine Veränderung festzustellen.
Wenn der Sprecher eine Veränderung feststellt, verwendet er estar und damit betont er das Empfinden bzw. die Wahrnehmung der Veränderung.
Diese festgestellte Veränderung kann vom Sprecher als eine reale, erwartete, unerwartete oder zukünftige empfunden werden.
Für die Verwendung von estar ist nicht ausschlaggebend, ob die Veränderung dauerhaft (está muerto) oder nur vorübergehend (está rojo) ist.
Wichtig ist, dass die Eigenschaft Produkt einer Veränderung ist.
Bemerkungen
Der Wechsel im Spanischen zwischen den beiden Kopulaverben, der dem Deutschsprechenden solch erhebliche Schwierigkeiten macht, betrifft nun lediglich die Zuweisung einer Eigenschaft, die Verbindung mit einem Adjektiv.
Hier ist die Situation dieselbe wie beim Wechsel zwischen indefinido und imperfecto: es muss jeweils je nach dem Gemeinten, gewählt werden.
El cielo es azul. [an sich immer]
Es cielo está (hoy) azul. [gestern war bewölkt]
«Im Spanischen ist die Differenzierung zwischen Darstellung als Zustand und Darstellung als Geschehen sehr viel stärker ausgebildet als im Deutschen. Wir haben hier alles andere als ein Gleichgewicht.. Zunächst fehlt im Deutschen innerhalb der Tempusformen ein aspektdifferenzierendes Instrument, wie es die Opposition zwischen ‘pretérito imperfecto’ und ‘pretérito perfecto simple’ [‘indefinido’] ist: leía <> leyó gegenüber einem undifferenzierten er las. H.
„Den so genannten Aspekten entspricht im System des deutschen Verbs keine bestimmte sprachliche Realität“ (Brinkmann 1971:248). Sodann fehlt im Deutschen bei der Eigenschaftszuweisung durch die Kopula eine Differenzierung zwischen dem Sein als solchem und einem qualifizierten als zustandhaft, als begrenzt gesehenen, erlebten Sein, wie wir sie finden in der Opposition von ser und estar. Die Kopula ist im Deutschen in dieser Hinsicht undifferenziert: era muy divertido <> estaba muy divertido gegenüber er war sehr lustig.
Drittens fehlen im Deutschen fast ganz die (von uns) so genannten „Kopulaersätze“, wie sie das Spanische kennt: resultar, quedar, seguir, continuar, ir, andar, venir + ‘adjetivo’ oder ‘participio’.» [Cartagena/Gauger, Bd. 2, S. 459]
Die Erklärung ser bedeutet dauerhaftes Sein, während estar vorübergehendes Sein bedeutet, ist missverständlich. Angemessener ist das Verständnis von der Dauer her, denn das Vorübergehende ist als solches kontingent, aber nicht alles Kontingente ist vorübergehend.
Nur mit estar werden Adjektive verwendet, die das Ergebnis einer Veränderung bezeichnen. Die Veränderung muss nicht immer stattgefunden haben, sie kann auch als noch nicht eingetreten betrachtet werden. D. h. estar kann auf einen Zustand hinweisen, der noch besteht:
inmaduro, intacto, lleno, maduro, roto, vacío
Voll ist etwas, was vorher leer war. Leer ist etwas, was gefüllt werden kann. Unreif ist etwas, das noch nicht reif ist. Intakt ist etwas, das nicht gebrochen ist, es ist noch intakt.
Nur mit ser werden gewöhnlich die Adjektive
rico, pobre, feliz, infeliz, dichoso, desdichado, desgraciado, leal, desleal
verwendet, Adjektive, die ja Kontingentes bezeichnen, aber Kontingentes, das als Dauerhaftes und insofern Wesensmäßiges, gesehen wird.
Will man aber den momentanen, zufälligen oder unvollkommenen Charakter des genannten (Gemüts)Zustands betonen, so kann man estar gebrauchen.
Die einschränkende Nuance wird übrigens auch durch kontextuelle Elemente im Satz angedeutet.
Te creía muerto, tu madre está feliz, feliz.
Sie hielt dich für tot; deine Mutter ist ja so glücklich, so überaus glücklich.
Nadie es del todo feliz en la vida.
Niemand ist vollkommen glücklich im Leben.
Os deseo que seáis muy felices.
Ich wünche euch alles Glück der Welt.
Eigentümlich ist jedoch der Fall von feliz, das meist auch dann mit ser verbundet wird, wenn Vorübergehendes gemeint ist.
Bei contento steht immer estar, es wird also nicht als etwas Wesensmäßiges empfunden.
Estar feliz kommt aber vor, wenn es sich nur auf eine bestimmte Situation bzw. einen Augenblick (Intensität des Gefühls) bezieht.
Aquel día fui muy feliz.
Cuando se está alegre y se es feliz, con poco se vive.
Beachte:
Estuviste feliz en tu intervención. = Tuviste una intervención feliz.
Oder muerto: está muerto. Gibt es weniger Vorübergehendes als das Totsein? Hier ist das Kriterium: perfektive Grundbedeutung eine bessere Erklärung.
Estar bezeichnet eine empfundene, erlebte Eigenschaft:
¡Qué fría está el agua! [Empfindung, Wahrnehmung]
Viejo no se es, se está. [Gefühl]
Ser geht mehr auf das Objektive ein.
El agua del Atlántico es muy fría. [objektive Information]
Es ya muy viejo.
Bei bien / mejor und mal / peor ist ser ausgeschlossen.
Estar + bien / estar mal / estar mejor / estar peor sind idiomatische Festlegungen!
Está bien. / Ya está bien.
Das reicht aber!
Tampoco está mal la idea.
Es ist auch keine schlechte Idee.
«Man kann sowohl ser casado als auch estar casado („verheiratet sein“), ser soltero und estar soltero („ledig sein“), ser viudo und estar viudo („verwitwet sein“) sagen. Die Wahl des Verbs kann davon abhängen, wie die Tatsache in einem bestimmten Kontext dargestellt wird oder auch von der Haltung, die jemand der Ehe gegenüber einnimmt:
El que mienta usted, ¿es casao? (J. Goytisolo)
Hacía sólo un mes que estaban casaos. (J. Goytisolo)
Im ersten Satz wird völlig emotionslos eine Information über eine unbekannte Person erfragt, wohingegen im zweiten Beispiel eine Frau berichtet, dass ihr Sohn nur wenige Wochen nach seiner Hochzeit ums Leben gekommen ist.
Auch bei Wörtern wie virgen [(oder in familiärer Umgangssprache: virgo) „Jungfrau“] und calvo („kahlköpfig“) kann man sowohl ser als auch estar finden:
Azucena Peaches me dijo de pronto: - Yo soy virgen, ¿sabes?
Azucena Peaches sagte plötzlich zu mir: „Ich bin Jungfrau, weißt du?
¿Sabéis que Sofía está virgen? (Francisco Umbral)
Wisst ihr, dass Sofía noch Jungfrau ist?
[Aus dem Kontext geht hervor, dass das Mädchen kurz davor ist, seine Jungfräulichkeit zu verlieren]
Monja bonita cansada de ser virgen [im Anzeigeteil in der Sparte relax („Kontakte“)]
Hübsche Nonne, die das Jungfrauendasein leid ist.
Wenn jemand von einem anderen sagt, er sei calvo, so ist das lediglich eine Beschreibung oder Feststellung von Seiten einer Person, die den Kahlköpfigen nie anders gekannt hat. Mit estar calvo wird zwar derselbe -sichtbare- Zustand bezeichnet, dies aber z. B. durch eine Person, die den Betroffenen auch schon kannte, als er noch Haare auf dem Kopf hatte.» [de Bruyne, S. 542-543]
«Häufig kann man ser und estar im selben Kontext antreffen. Zuweilen lassen sich damit Wortspiele und stilistische Effekte erzielen, die im Deutschen kaum wörtlich wiedergegeben werden können.
Allí en frente, en el reflejo, estaba él y no era él.
Da stand er, ihm gegenüber im Spiegelbild, und doch war es nicht er selbst.
Recuerdo entre los jóvenes compañeros de poesía y alegría a tantos que ya no están o que ya no son. (Pablo Neruda)
Wenn ich an die jungen Gefährten denke, die einst Poesie und Freude mit mir teilten, dann fallen mir so viele ein, die nicht mehr hier sind oder nicht mehr unter uns weilen.
Mi hermano continuaba estando, siendo tuberculoso y se pondría peor.
Mein Bruder litt auch weiterhin an Tuberkulose, war unheilbar krank, und sein Zustand würde sich noch verschlimmern.
¿Te gusto? Estoy muy fea ... pero soy yo. Porque, ¿verdad que soy muy fea?
Gefällt es (= das Foto) dir? Ich sehe darauf richtig hässlich aus ..., aber das bin ich. Denn ich bin doch sehr hässlich. » [a.a.O., S. 543-544]
Beachte die Wendung:
Ni son todos los que están, ni están todos los que son.
Nicht alle, die hier sind, gehören dazu. Und viele, die dazu gehören, sind nicht anwesend.
SER
Immer mit
dem Verb ser
reich
arm
glücklich
unglücklich
rico
pobre
feliz
infeliz
es ist
es así
es ist so
es de día
es ist hell
es de noche
es ist dunkel
es una pena
es ist schade
es temprano
es ist noch früh
es tarde
es ist schon spät
Besitzanzeige
ser de + Besitzer = gehören
el coche es de Miguel
das Auto gehört Miguel
ser + Possesivpronomen
este coche es mío
dieses Auto gehört mir
wo findet statt
ser en + Vorgang
La fiesta es en la Mensa
wo/wann ist es
es aquí / allí / hoy
La conferencia es hoy
ESTAR
Bei Modaladverbien
está bien así
so ist gut / in Ordnung
así está mal
so ist es schlecht
Datum
estamos a + Datum
hoy estamos a 4 de julio
Wochentag
estamos a + Wochentag
hoy estamos a jueves
estar de
estar de paso
auf der Durchreise sein
estar de camino
unterwegs sein
estar de viaje
verreist sein
estar de vacaciones
auf Urlaub sein
estar de acuerdo
einverstanden sein
estar de buen humor
guter Laune sein
estar de mal humor
schlechtgelaunt sein
estar de parte de
auf der Seite von ... sein
estar de ...=
vorübergehende
Tätigkeit
('er ist zur Zeit')
está de camarero
ahora está de rector
ahora está de policía
er arbeitet z. Z. als Kellner
er ist zur Zeit Rektor
er ist zur Zeit Polizist
SER vs. ESTAR
Bedeutungsänderung
bei ser <> estar
ser católico
ein Katholik sein
estar católico
gesund sein
ser listo
schlau sein
estar listo
bereit sein
ser vivo
lebhaft
estar vivo
am Leben sein
ser rico
reich sein
estar rico
schmecken
Verwendung von ser
Zusammenfassung
Bei Zuweisung einer Klasse durch ein Substantiv oder Infinitiv: Este bicho es un topo.
Bei Zuweisung einer Identität: Este edificio es Correos.
Bei Zeitangabe als identifizierende Zuweisung einer Zählung: Para la cena somos siete.
Bei Herkunft (im Sinne des Gebürtigseins): Soy de Madrid.
Bei Besitz oder allgemein Zugehörigkeitsangabe: Ser de ...
Bei Angabe der Nationalität oder der Konfession: Es español. Es católico.
Bestimmt sein für: Ser para ...
Bei Materialbeschaffenheit: La caja fuerte es de acero inoxidable.
Bei Berufen als einer spezifischen Klassenzuweisung: Es camarero. Er ist Kellner. Daneben aber: Está de camarero. Er ist zur Zeit Kellner.
Stattfinden (Geschehen / Vorgang): La fiesta es en la discoteca Al-Andalus.
(Uhr)zeitangabe: Son las tres de la tarde.
Angabe der Wochentage: Hoy es miércoles.
Preisangabe: Son mil pesetas.
Adjektive mit ser: clarividente, desleal, feliz, leal, pobre, rico.
Ser wird immer verwendet bei folgenden Kombinationen:
Substantiv + sein + Substantiv: este armario no es la puerta.
Pronomen + sein + Substantiv: él es abogado / ¿qué es el big bang?
Pronomen + sein + Pronomen: ella es ésa.
Infinitiv + sein + Infinitiv: mentir es no decir toda la verdad.
Kardinalzahl + sein + Kardinalzahl: dos y dos son cuatro / tres por tres son nueve.
Verwendung von ESTAR
Zusammenfassung
Bei Befindlichkeit im Raum, = sich befinden: Estoy en la cafetería.
Bei Befindlichkeit in der Zeit: Estamos en primavera.
Bei Befindlichkeit in einem Zustand: Está en peligro.
Körperliche oder psychische Befindlichkeit: Está enfermo. Está deprimido.
Beim Gerundium (Verbalperiphrase „gerade tun“): Está comiendo.
Anwesend sein (teilnehmen): Para la cena estaremos los siete de siempre.
Angabe des Datums: Hoy estamos a trece de mayo.
In Verbindung mit den Adverbien bien / mal / mejor / peor.
Die Ordinalzahl kann auch mit estar verwunden werden: tú eres el primero / tú estás el primero / ella es la primera / ella está la primera. Estoy el primero = ich bin der erste an der Reihe.
Verwendung VON ser oder estar
Zusammenfassung
Der Wechsel, je nach dem Gemeinten, zwischen ser / estar findet sich fast ausschließlich bei der Eigenschaftszuweisung durch Adjektive.
Hier ist der Aspekt: bei ser ist der Aspekt nicht markiert (absolutes, zeit-entgrenztes Sein), estar bezeichnet zusätzlich den Aspekt (= ein Sein als Produkt einer stattgefundenen, erdachten, erwarteten, aber nicht stattgefundenen Veränderung).
Ser <> estar konkurrieren miteinander erst bei der Zuschreibung einer Eigenschaft.
Mit ser wird diese Eigenschaft als Charakteristikum der Sache dargestellt.
Keine zeitliche Dimension!
Mit estar drückt der Sprecher, wie er eine Eigenschaft wahrnimmt und zwar als eine Veränderung an der Sache.
Ser drückt Person, Tempus, Modus.
Estar drückt Person, Tempus, Modus und Aspekt (Zeitliche Dimension: ‘vorher - nachher’).
Diese Veränderung (Zeit) wird durch einen Vergleich festgestellt.
Die Veränderung kann real, gedacht, möglich, erwartet, nicht eingetreten sein:
Die Vase ist auf den Boden gefallen. Sie ist jetzt kaputt.
El jarrón se ha caído al suelo. (Ahora) está roto.
= Feststellung einer realen Veränderung durch Vergleich ‘vorher <> nachher’.
Die Vase ist auf den Boden gefallen. Sie ist noch ganz.
El jarrón se ha caído al suelo. Está (todavía) intacto.
= Durch den Vergleich ‘vorher <> nachher’ Feststellung, dass die befürchtete, zu erwartende, logische Veränderung nicht eingetreten ist.
El coche está nuevo.
Das Auto ist noch in einem guten Zustand.
El coche está como nuevo.
Das Auto ist wie neu (sieht wie ein neues Auto aus).
El coche es nuevo.
Das Auto ist nagelneu.
Ser und Estar nach de Bruyne, 1993
„Spanische Muttersprachler irren sich nie im Gebrauch von ser und estar. Die richtige Wahl zwischen diesen beiden Entsprechungen des deutschen Verbs „sein“ gehört jedoch zu den größten Schwierigkeiten, mit denen derjenige konfrontiert wird, für den Spanisch eine Fremdsprache ist. Diesem Problem sind zahlreiche Untersuchungen gewidmet, die häufig unzulängliche, bisweilen konträre Erklärungen anbieten.
Als grundlegendes Prinzip kann gelten, dass ser wesentliche (und bleibende) Qualitäten, estar dagegen zufällige (und vorübergehende) Eigenschaften bezeichnet. Dieser allgemeine Gegensatz läßt sich häufig in die Gegensatzpaare absolut > < relativ, objektiv > < subjektiv oder, nach Ansicht bestimmter Autoren, inhärent > < nicht inhärent fassen. Die beiden haben somit einen unterschiedlichen semantischen Wert.
Ser bezeichnet wesentliche (bleibende) Eigenschaften oder Zustände, die als solche betrachtet werden. Estar bezeichnet im Gegensatz zu ser nichtinhärente, vorübergehende Eigenschaften. Estar wird daher logischerweise u. a. vor Adjektiven und Partizipien gebraucht, die ein Verhalten, einen Gemütszustand oder eine Körperhaltung usw. ausdrücken.
„Sein“ wird immer mit estar wiedergegeben, wenn es mit „sich befinden“ synonym ist. Das kann bisweilen zu einem scheinbar unlogischen Gebrauch dieses Verbs führen, und zwar in solchen Fällen, in denen eindeutig von einem definitiven Zustand die Rede ist.
Wenig logisch erscheint auch die Tatsache, dass man bei Adjektiven wie vivo („lebendig“) und muerto („tot“) nicht ser, sondern estar gebraucht. Vivo ist doch als inhärente Eigenschaft, muerto als ein (ganz besonders) definitiver Zustand zu betrachten!
Solche Fälle werden damit erkärt, dass man sie sich als Folge einer Veränderung vorstellt, die in einem Zustand eintreten könnte oder eingetreten ist (cambio real o supuesto). So wird auch verständlich, dass man estar vor Wörtern wie intacto („intakt“), lleno („voll“), maduro („reif“), roto („kaputt“), vacío („leer“) u. dgl. findet. Als praktische Hilfe kann in derlei Fällen der Grundsatz dienen, dass man estar gebraucht, wenn man eine bestimmte Eigenschaft als mögliches oder tatsächliches Ergebnis eines „Werdens“ betrachtet. Man findet estar auch in Sätzen, die eine Bewertung der Zubereitung von Speisen ausdrücken. Auch hier geht es wieder um das (letztendlich definitive) Resultat einer Veränderung.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass nach dem Verb estar eine bestimmte Eigenschaft in Verbindung mit einem besonderen Umstand oder Kontext gesehen wird, während der Gebrauch von ser die Eigenschaft als von derlei Faktoren unabhängig darstellt.“ [de Bruyne, S. 533-539]
Ser/estar und die Aktionsart
Aspektuelle Dichotomie ser vs. estar
Aspektuelle Dichotomie ser <> estar
Berschin (1987:273) faßt vereinfachend zusammen:
Die Konstruktion ser + Adjektiv ordnet dem Subjekt ein konstitutives Merkmal zu, estar + Adjektiv gibt einen durch Veränderung entstandenen oder veränderbaren Zustand des Subjekts an.
La sangre es roja.
Das Blut ist (immer) rot.
La semáforo está rojo.
Die Ampel ist (im Augenblick) rot.
Die meisten Autoren sehen in der Inkompatibilität der durativen (imperfektiven) Eigenschaft des Auxiliars ser mit dem perfektiven Charakter des Partizips die Erklärung für die Restriktionen des ser-Passiv in den imperfektiven Tempora (Präsens und Imperfekt).
„Für die Ungebräuchlichkeit des spanischen ser-Passiv in den imperfektiven Tempora (Präsens / Imperfekt) gibt es unterschiedliche Erklärungsversuche. Letelier und Lenz führen diese Beschränkung im Gebrauch des ser-Passivs auf die durative bzw. imperfektive Natur des Verbums ser zurück. Hierzu Lenz:
La razón principal de la restricción que sufre en castellano el uso del participio pasado con ser, en comparación con otras lenguas neolatinas, deberá buscarse en la alteración que va experimentando el significado de ser, que se limita siempre más a la cualidad duradera inherente.
Mientras más el verbo ser se restringe al uso ‘imperfectivo’ o ‘permanente’, que sólo es adecuado para expresar atributos esenciales, duraderos, menos se presta para indicar la acción momentánea del presente y del imperfecto de un verbo ‘desinente’ o ‘perfectivo’.
Auch in den neueren Monographien und Grammatiken wird die angebliche Inkompatibilität der „durativen“ Natur von ser mit dem „perfektiven“ Charakter des partizipialen Bestandteils als häufigste Erklärung für das seltene Vorkommen von Fügungen des Typs la puerta es abierta angeführt, so etwa bei Roca Pons, Criado del Val und Gili Gaya.
Die Auffassung von der „durativen“ Natur von ser im Gegensatz zur nichtdurativen Natur von estar mag in den meisten Fällen aus einer Gegenüberstellung singulärer Satzpaare abgeleitet sein – so etwa la casa es edificada im Gegensatz zu la casa está edificada – die auf einen objektiven Unterschied in der außersprachlichen Realität verweisen. Auch Einzelbeobachtungen, denen zufolge ser häufiger in Verbindung mit zeitlich nichtbegrenzten Verben, estar hingegen häufiger in Verbindung mit zeitlich begrenzten Verben auftreten soll, mögen zum Entstehen dieser These beigetragen haben. Ob den weitgehend inhaltsleeren Auxiliarelementen ser und estar aber überhaupt eine Aktionsart zugeschrieben werden kann, ist unserer Ansicht nach fraglich.“
[Hohn-Berghorn, Maria: Periphrastische Passivkonstruktionen im geschriebenen Spanisch der Gegenwart. Versuch einer systanktisch-semantischen Analyse. Würzburg, 1983, S. 309-310]
„Dass den Auxiliaren aber eine semantische Eigenbedeutung anhaftet, geht schon daraus hervor, dass zwischen ihnen eine Aufgabenteilung hinsichtlich der prozessuelen und der statischen Dimension stattfindet. Die Behauptung, dass estar im Gegensatz zu ser einen nicht-durativen Charakter besäße, wird von Hohn-Berghorn zu Recht als nur teilweise gültige Aussage kritisiert.“
[Maier, Irmgard: Passivparadigma im Spanischen und im Deutschen. Frankfurt/M.: P. Lang, 1995, S. 324, Anm. 77]
Ser und Estar nach Américo Castro, 1957
„Der personalistische Genius, der das Geistige und seine äußeren Umstände integriert, läßt die Spanier an den beiden Gegenpolen des Stoizismus erscheinen, wenn man diesen Begriff auf eine Metaphysik und ein damit eng verbundenes moralisches Verhalten bezieht. Der Stoiker betrachtete die Beziehungen zwischen dem vernünftigen Bewußtsein und der diesem äußeren Welt als „unmenschlich“. Nimmt man diesen festen Gesichtspunkt ein, so erscheinen die Unterscheidung zwischen ser (sein) und estar (sich befinden) und der immer häufigere Gebrauch dieses letzteren seit dem 16. Jahrhundert als Echo der Funktionsweise, die der keineswegs stoischen spanischen Lebensstruktur eigen ist. Eine Besonderheit des Spanischen im Vergleich zu den übrigen romanischen Sprachen ist die ausgedehnte, parallele und differenzierte Verwendung von ser und estar: es malo, está malo (er ist schlecht, es geht ihm schlecht). Die bisherigen Versuche, diesen besonderen Aspekt des Verbums estar zu erklären, sind ungenügend, weil man objektiv und begrifflich (unter Mißachtung der hispanischen Besonderheit des Sprechenden) definieren wollte, was ein bloßer Ausdruck der Relativität der sinngebenden Intention ist, das heißt des Bemühnens des Sprechenden, das Subjekt des Verbums in die Situation und die Umstände der Handlung einzufügen. Ort: la casa está alejada del camino (das Haus liegt abseits des Weges); Zeit: la casa estaba ya edificada (das Haus war bereits gebaut); Möglichkeit: está listo, está vivo (er ist klug, er ist lebendig); Unmöglichkeit, Ohnmacht: está muerto, enfermo, ciego (er ist tot, krank, blind) usw. Wer Spanisch oder Portugiesisch spricht, kennt unzählige solcher Beispiele. Der Spanier hat sich für das „Vorher“, das „Nachher“, das Drum und Dran von dem interessiert, was er will, das dem Subjekt des Verbums widerfahre. Estar drückt also nicht nur eine Situation aus, sondern spiegelt außerdem die Absicht wider, das von einer Person oder einer Sache Gesagte zu situieren, das heißt, es in Bezug auf seine Umstände zu sehen. Estar drückt eher ein Erlebnis des Sprechenden als einen objektiven Tatbestand aus. Qué bonita estás (wie hübsch bist du) steht nicht im selben Gegensatz zu eres bonita de veras (du bist wirklich hübsch) wie das Vergängliche und Vorübergehende zum Dauernden und Festen; die beiden Wendungen verhalten sich eher derart zueinander, wie sich das vom Sprechenden auf die Umstände Bezogene zu dem von irgendeinem zufälligen Umstande Losgelösten verhält. Estás bonita (du bist hübsch) in diesem Kleid, jetzt, in diesem Licht, oder weil para mí estás bonita siempre y en cualquier situación (weil du für mich immer und unter allen Umständen hübsch bist). Für die einen fulano está de lo más tonto (ist X äußerst dumm); für die anderen es tonto de remate (ist er unheilbar dumm) oder estará tonto hasta que se muera (bleibt er dumm, bis er stirbt). Es ist unmöglich, eine grammatische Erscheinung in logischer und objektiver Weise einzureihen, die mit der inneren Funktionsweise einer personalistischen und integrierenden Lebensstruktur eng verknüpft ist. Entscheidend ist hier die Form der Ausdruckshandlung, ohne die man den Sinn des Ausgedrückten nicht versteht. Quevedo schreibt in seinem Kommentar zu „De los remedios de cualquier fortuna“, was fälschlicherweise Seneca zugeschrieben wurde: „Estoy enfermo. Después que el pecado enfermó la naturaleza, mi propia naturaleza es enferma, y yo soy una enfermedad viva ... >Estoy enfermo. <Esto es decir que estoy hombre.“ (Ich bin krank. Nachdem die Sünde die Natur krank werden ließ, ist meine eigene Natur krank und ich bin eine lebende Krankheit ... Ich bin krank. Dies heißt, dass ich ein Mensch bin, dass ich mich als Mensch befinde.) Mit anderen Worten erscheint der Mensch dem Sprechenden als in die Umstände seiner geschädigte stoische Natur integriert, Umstände, die ebenso wirklich und gültig sind wie der abstrakte stoische Begriff des Menschen. Womit deutlich wird, dass weder Quevedo noch die Spanier Stoiker sind - wenn nicht einer wiklich glaubt, es zu sein, was schließlich ebenso erlaubt ist, wie objektiv und begründeteweise Stoiker zu sein. Das einzige, was den Historiker interessiert, sind die dauerhaften Werte, in denen sich der Glaube, Stoiker zu sein, und das tätsächliche Stoikersein verkörpern.
Auf französisch sagt man: elle es belle und elle est en danger, und dasselbe gilt für das Englische und das Deutsche. Der Spanier aber unterscheidet zwischen es linda und está en peligro (sie ist schön, sie ist in Gefahr), wobei im zweiten Fall das Erlebnis der gefährlichen Umstände zum Ausdruck kommt: la estoy sintiendo en peligro (ich fühle, dass sie in Gefahr ist). Wir sehen uns also einem vital gesprochen offenen und polymorphen Ausdrucksprozeß gegenüber, den logisch und statisch zu kategorisieren unmöglich ist. Der Ausdruck der Erlebnisse des Sprechenden ist so weitreichend wie der künstlerische Ausdruck, der hinter der grammatischen Verwendung von estar verborgen liegt. Die Sprache führt uns so nicht nur zu ihrer „inneren Form“, wie W. von Humboldt sagte, sondern auch zur Funktionsweise der „Lebensbehausung“, in unserem Falle der hispanischen. Dies geschah mit nuevas, novedad, innovación. Wörtern, in denen die Funktionsweise des spanischen Lebens deutlich erkennbar wird, eines Lebens, das sich in der Sprache, in der Kunst, in der Auflehnung gegen das Gesetz, in der kümmerlichen Wissenschaft und in der Totalität des Ausdrucks spiegelt. Jede Sprache ist wie das Geräusch, das aus den verschiedenen „Lebensbehausungen“ an unser Ohr dringt, jede besitzt ihren Klang, ihren Rhythmus und besondere Nuancen.“
[Américo Castro: Spanien. Vision und Wirklichkeit. Köln u. Berlin: Kiepenheuer & Witsch, 1957, S. 655-656]
Impressum | Datenschutzerklärung und Cookies
Copyright © 1999-2018 Hispanoteca - Alle Rechte vorbehalten